Keine christlichen Sederfeiern!

vom Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit

"Wenn Christen ein Sedermahl feiern, so ist das kein Weg der christlich-jüdischen Verständigung“, sagt Dr. Markus Himmelbauer, Geschäftsführer des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusamenarbeit mit Blick auf die kommende Karwoche. In christlichen Pfarren sei es in den letzten Jahren mehr und mehr üblich geworden, dass um den Gründonnerstag ein „Sedermahl“ in Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu gefeiert wird. Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit erinnert daran, dass Gottesdienst feiern stets mehr als nur ein Nachvollzug äußerer Formen sei. Er muss in ein reiches Umfeld von religiösen Vorschriften, Gewohnheiten und Haltungen eingebettet sein. Himmelbauer: „So kann eine ’christliche Sederfeier’ nur ein billiges Nachspielen, eine respektlose Kopie des Pessachmahls sein. Seder ohne koschere Speisen, ohne Reinigung des Hauses von allem Gesäuerten, ohne Zugehörigkeit zum Volk Israel, ohne Einhalten der Feiertage, ist wie Weihnachten mit Christbaum ohne die Feier der Geburt Christi und ohne Vorbereitungszeit im Advent.“

Das letzte Abendmahl Jesu kann historisch wohl nicht als Sederfeier bezeichnet werden. Wenn in den folgenden Stunden nach dem Abschiedsmahl Jesu der Hohe Rat einberufen wird (Mk 14,53-65), ist dies am hohen Pessachfest undenkbar. Verboten ist auch das Tragen von Waffen (Mk 14,47), auch wäre die Rückkehr Simons (Mk 15,21) vom Feld am Festtag kaum möglich. Auch ist die heute im Judentum verwendete Ordnung zum Seder jüngeren Datums als die christliche Abendmahlsüberlieferung.

Theologisch jedenfalls wird das letzte Mahl Jesu von den Evangelisten jedoch klar in den Rahmen des Pessach-Geschehens gestellt. Die christliche Mahlgemeinschaft ist wie Pessach ein Bundesmahl und eine Bundesfeier, sie sind ein Bekenntnis zu Bundesgott und Bundesvolk und führen damit zur Erneuerung des Bundes schlechthin. Am Gründonnerstag werden deshalb in den Kirchen bei den Lesungen das ägyptische Pessachmahl und das letzte Abendmahl Jesu gegenüber gestellt, in der Osternacht der Exodus gelesen, um so die Kontinuität der Bundeszusagen zu unterstreichen.

Das Bemühen des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit geht dahin, dass Christinnen und Christen Pessach und die damit verbundenen Riten und Traditionen kennen lernen sollen, doch es spricht alles dagegen, wenn sie selber ein Pessachmahl feiern. Dr. Himmelbauer betont, dass Christinnen und Christen in ihrer eigenen Tradition selbst reiche Bezugspunkte zum Judentum finden. Bei sich selbst können sie die jüdische Wurzel entdecken und pflegen. Gerne sei man aber am Schabbat und an den Festtagen in den jüdischen Gemeinden als Gast willkommen. Himmelbauer: „Wo dies heute seit der Schoa nicht mehr möglich ist, gilt es diese Leere auszuhalten. Es kann ein Anlass sein, darüber nachzudenken und zu trauern, warum dies so ist."

Quelle: http://www.christenundjuden.org/de/?item=151

 

Weiterführende Links
Das Passafest
Wer war schuld am Tod Jesu? (Stefan Meißner)
Gott zum Greifen nah: Brot als religiöses Symbol (Stefan Meißner)
Sollten Christen das Sedermahl feiern (Rabbiner Dow Marur)?