Brot in der Bibel und im Leben der ersten Christen

von Stefan Meißner

Mazzen
Mazzen: Ungesäuertes Brot für Passa

Brot besitzt in der Bibel neben seiner sinnfälligen Bedeutung als Grundnahrungsmittel oft eine symbolische Bedeutung, d.h. es verweist es auf etwas, das den Bereich des Sichtbaren übersteigt. „Das Symbol repräsentiert etwas, was es nicht selber ist, das es aber vertritt und an dessen Mächtigkeit und Bedeutung es teilhat“ (P. Tillich, GW V, 215). Doch bevor wir auf diese theologische Bedeutungsebene näher eingehen, soll erst die profane Bedeutung erhellt werden, welche das Brot für den Menschen in biblischen Zeiten hatte.

Während in den Industrienationen der nördlichen Hemisphäre das Brot angesichts gewaltiger Produktionsüberschüsse im Agrarsektor immer mehr an Bedeutung einbüßt, stellt es für die übergroße Mehrheit der Weltbevölkerung bis heute ein unverzichtbares Grundnahrungsmittel dar, dessen Vorhandensein alles andere als selbstverständlich ist.

In der Bibel, im Alten wie im Neuen Testament, begegnen wir dem Brot als Hauptmahlzeit der ärmeren Bevölkerungsschichten. „Wasser und Brot“ steht schon damals für das Existenzminimum (Hi 22,7). Die sozial besser gestellten Leute hingegen brauchten Brot lediglich als Beikost zu Fleisch und anderen Speisen; nebenbei dient es noch als Essbesteck, mit dem man die Nahrung aufnimmt und zum Mund führt.

Ungesäuertes Brot, d.h. Brot ohne Hefe oder Sauerteig, wie es im jüdischen Passafest noch heute in Erinnerung an den überhasteten Auszug aus Ägypten gegessen wird („Mazzen), aßen die Nomaden bei ihren Wanderungen, die ein längeres Gehen-Lassen des Teiges nicht zuließen. Auch wenn überraschend Besuch kam, musste Brot ohne Treibmittel zubereitet werden. Man findet diesen Brauch noch heute unter den Beduinen im Süden Palästinas und im Sinai.

Ebenfalls noch praktiziert wird bei den Söhnen und Töchtern der Wüste das Sammeln von „Manna“ (Ex 17), das bei den Arabern als „Mann“ bekannt ist. Es handelt sich bei diesem „Himmelsbrot“ um kleine Körner, die entstehen, wenn die Mannatamariske von Läusen angestochen wird und der austretende Saft in der Kühle der Nacht auskristallisiert. Man kann die heruntergefallenen Körner am Morgen von der Erde aufsammeln und daraus Suppen kochen oder eine Art Kuchen zubereiten.

Auch nach der Sesshaftwerdung Israels im Gelobten Land wurde das Brot noch täglich von der Hausfrau selbst gebacken (vgl. Jer 7,18). Es handelte sich um dünne Scheiben, gewöhnlich aus Gerstenmehl, die nicht sehr lange haltbar waren. Das dazu notwendige Getreide wurde häufig in eigenem Anbau erwirtschaftet. Nur in größeren Ortschaften, wo man arbeitsteilig wirtschaftete, mag es auch Bäcker gegeben haben.

Zuerst wurde das Getreide auf einem Reibestein oder in späterer Zeit auch in einer kleinen Handmühle gemahlen. Der Teig bestand im Normalfall aus Wasser, Mehl und Sauerteig. Es konnten aber zur Verfeinerung auch noch Öl, Käuter, Dickmilch, Rosinen oder Datteln hinzu gegeben werden. Gebacken wurde das Brot entweder auf einem heißen Stein, wo man das Brot mit heißer Asche bedeckte, oder aber in einem einfachen Ofen (arab. „Tannur“), der aus einer Grube mit Glut und einem zylindrischen Tongefäß bestand, an dessen Wand man den Brotfladen festklebte. War das Brot gut, fiel es von selbst herab (Abb 68).

Immer wieder gefährden Naturkatastrophen, vor allem lange Dürreperioden (1 Kön 17,1ff.) und Kriege, aber auch Heuschreckenschwärme die Ernährung der Familien. Da die Bereitstellung des Brotes also einen großes Teil der sorgenden Arbeit der Menschen in Anspruch nahm, war ihr existentieller Bezug zu diesem Lebensmittel damals sehr viel intensiver als heute. Infolge der dominierenden Stellung des Brotes konnte das hebr. Wort „lechem“ sogar ganz allgemein für „Mahlzeit“ oder „Nahrung“ stehen (Gen 37,25; Ex,2,20; 1 Sam 24; Jer 41,1 u.ö.). Das gleiche gilt auch für die griechische Bezeichnung „ártos“ im NT (z.B. Mt 6,11), wenngleich hier das Wort häufig sakramentale Untertöne besitzt.

Im alttestamentlichen Kult spielen Brote auch später immer wieder eine Rolle: Einmal als „Erstlingsbrote“, die der Bauer am Wochenfest („Shavuot“) auf dem Altar des Herrn darbringen soll (Lev 23,17-20). Das Opfer des Bauern ist hier Ausdruck seines Dankes für die von Gott geschenkte Ernte. Daneben ist auch von „Schaubroten“ die Rede, die am Tempel in zwei Stapeln zu je sechs Broten aufgestellt waren und wöchentlich am Sabbat ausgetauscht wurden. Hier begegnet uns die alte Vorstellung, der Mensch könne die Gottheit gnädig stimmen, indem er ihr Speise anbietet (vgl. 1 Sam 21u.ö.). [weiter]

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