Jüdisches Leben im Wasgau

 


Die ehem. Synagoge in Dahn
befindet sich im Ortskern, südlich der kath. Kirche in der Schäfergasse, früher Judengasse. Das 1872 erbaute Gotteshaus (hier eine Rekonstruktion des Zustandes um 1940), das über bedeutende Wandfresken verfügt, dient heute einem Bestattungsinstitut als Sarglager. Im Keller des Nebengebäudes, früher eine Schule, sind Reste eines Ritualbades (Mikwe) erhalten. Die Rundbogen der Fenster auf der Südseite wurden entfernt.

 

Juden in Dahn

von Otmar Weber

Besuch im Wasgau über die Vielfalt der noch erhaltenen Reste jüdischen Lebens überrascht sein, denn hier ist auf engstem Raum das gesamte jüdische Ambiente erhalten.

Der erste Hinweis auf Dahner Juden stammt aus dem Jahre 1590, der zweite von 1755. Im Jahre 1836 hatte die Gemeinde 103 Mitglieder, 1900 waren es 83, 1925 zählte sie 62 Mitglieder und 1939 nur noch 7 Personen.

Die jüdische Gemeinde Dahn besaß eine Synagoge, eine jüdische Schule, eine Mikwe. In Dahn fand der ?Novemberpogrom 1938 einen Tag später statt. Am Spätnachmittag des 10. November 1938 stürmten SA-Männer, fanatisierte Jugendliche und Westwallarbeiter das Anwesen Julius Levy in der Weißenburgerstraße 2, setzten die Bewohner in Angst und Schrecken und verwüsteten die Wohnung. Anschließend zog die Meute in die Kanalstraße 10, wo sie das Geschäftshaus von Dr. Willy Katz demolierte. Tags darauf setzten die Täter ihr Vernichtungswerk fort. Sie zerrten am Vormittag den jüdischen Leichenwagen aus seinem Unterstand auf die Marktstraße, wo sie diesen, Parolen wie "Jud verrecke“ grölend, mit Zuschlaghämmern zertrümmerten. Familie Julius Levy erlebte ein Jahr später ihre zweite Pogromnacht. Im August 1939 verfrachtete man eines Nachts alle Familienmitglieder auf einen LKW, brachte sie zum Rohrwoog, einem Weiher in Richtung Hinterweidenthal, und drohte, sie dort zu ertränken. Mit der Evakuierung der Familie Julius Levy (sieben Personen) am 01.09.1939 endete jüdisches Leben in Dahn. Ende der 1940er Jahre kamen Familie Simon Levy und Anfang der 1950er Jahre Familie Lemberger nach Dahn zurück. Seit Familie Lemberger 1981 aus Dahn verzogen ist, gibt es hier keine Juden mehr.

Auf dem Dahner Gefallenendenkmal befinden sich die Namen dreier im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten. Ihre Namen wurden während der NS-Zeit aus den Tafeln herausgemeißelt und in den 1960er Jahren wieder eingefügt. Beim Heimattreffen der Dahner Juden im Juli 1991 wurde am jüdischen Schulgebäude eine Gedenktafel angebracht. Im Juli 2006 und November 2007 wurden für 20 jüdische Opfer Stolpersteine verlegt.

(aus: Jüdisches Leben in der Pfalz. Ein Kultur-Reiseführer, S. 92f.)

 

Juden in Busenberg

von Otmar Weber

Von Dahn geht es über die B 427 nach Busenberg (ca.6 km), der ältesten und ursprünglich größten jüdischen Gemeinde im Wasgau. Im Jahre 1784 hatte die Gemeinde 79 Mitglieder, 1848 waren es 170, 1900 ging ihre Zahl auf 50 zurück, 1924 waren es 30 Mitglieder und 1938 nur noch 2 Personen.
Die jüdische Gemeinde Busenberg besaß eine Synagoge, zwei jüdische Schulen, eine Mikwe und den jüdischen Friedhof. Der erste Hinweis auf eine Synagoge in Busenberg stammt aus dem Jahre 1769. Man darf davon ausgehen, dass die Synagoge Mitte des 18. Jahrhunderts errichtet wurde. Sie stand in der Hauptstraße 80, war ein 68 qm großes Fachwerkgebäude und verfügte über 30 Männer- und 20 Frauensitze. Im Erdgeschoss war die jüdische Schule untergebracht.

1939 wurde die Synagoge von der jüdischen Kultusgemeinde an einen Metzgermeister verkauft. Während des Krieges wurde das Dach durch Artilleriebeschuss beschädigt. 1951 ging die Synagoge an einen anderen Besitzer über, der das Gebäude noch im gleichen Jahr abreißen ließ. Direkt neben der ehemaligen Synagoge befindet sich die gut erhaltene alte jüdische Schule. Die neue Schule steht gegenüber der Mikwe in der Talstraße. Der jüdische Friedhof, ein Verbandsfriedhof, lässt sich seit 1824 nachweisen.

Mit der Evakuierung am 01.09.1939 endete jüdisches Leben in Busenberg. Auf dem Busenberger Gefallenendenkmal am Aufgang zur kath. Kirche befindet sich der Name eines im Ersten Weltkrieg gefallenen jüdischen Soldaten. Seit 1993 ist in der Hauptstraße 80, unterhalb der kath. Kirche, eine Gedenktafel angebracht. Im November 2007 wurden in Busenberg zehn Stolpersteine verlegt.

(aus: Jüdisches Leben in der Pfalz. Ein Kultur-Reiseführer, S. 94f.)

Juden lebten auch noch in Erlenbach und Vorderweidenthal. Sichtbare Reste jüdischen Lebens sind dort allerdings keine nennenswerten mehr vorhanden erhalten.

 

Literatur

Jüdisches Leben in der Pfalz. Ein Kultur-Reiseführer
Herausgegeben von Bernhard H. Gerlach und Stefan Meißner
Speyer 2013, Kap. 8 (von Otmar Weber)

Otmar Weber: Der jüdische Friedhof Busenberg, Busenberg 1998
Otmar Weber: Judentum im Wasgau. Dahn 2006 (Hier gibt´s weitere Infos über diese Buchpublikation)
Otmar Weber: Es geschah vor 70 Jahren. Die Reichspogromnacht in Dahn. Dahn 2008
Otmar Weber: Der jüdische Friedhof Busenberg. „…wie eine weiße Lilie in ihrer ersten Blüte“.
Die zentrale Begräbnisstätte der Juden im Wasgau. /und: Übersicht über alle jüdischen Friedhöfe
der Pfalz/ Busenberg 1998
Otmar Weber: Die Synagogen in der Pfalz von 1800 bis heute unter besonderer Berücksichtigung
der Synagogen in der Südwestpfalz, Landau 2005

Interne Links

Weitere Fotos des Gebäudes finden Sie hier...
Hier finden Sie Zeitzeugenberichte über die Reichspogromnacht (9.11.1938) in Dahn

Externe Links

http://www.alemannia-judaica.de/dahn_synagoge.htm
http://www.lagrlp.de/
http://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdischer_Friedhof_Busenberg