von Stefan Meißner
6.1 Das Geschichtsbild der Genesis
6.3 Verschiedene Ansätze zur Deutung der Frühgeschichte Israels
6.4
Die Lebensweise von Nomaden bzw. Halbnomaden
Literatur
Albrecht Alt, Der Gott der Väter, 1929; W.H. Schmidt, Atl. Glaube in seiner
Geschichte; Rainer
Albertz: Religionsgeschichte Israels in alttestamentlicher Zeit, Bd.1; Volkmar
Fritz: Die Entstehung Israels im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr,
Stuttgart 1996
Jakobs Traum von der Himmelsleiter in Bet El
(Katakombe, Via Latina)
6.5.1 Albrecht Alts These von den Vätergöttern
Der deutsche Alttestamentler Albrecht Alt etablierte Anfang des 20. Jhds. eine
These, die lange Zeit in der Forschung als Konsens galt, und die heute noch
namhafte Anhänger hat. Ausgehend von Beobachtungen an protoarabischen Nomadenstämmen
postulierte Alt für die Religion der Erzväter Israels folgende Kennzeichen:
- kein festes Heiligtum
- keine Priester
- kein Bild
- Bindung an eine Sippe („Väter“), der er Für- und Vorsorge
zusagt.
Nach der Sesshaftwerdung im Kulturland verschmolzen nach A. Alt die Vätergötter der einzelnen präisraelitischen Sippen mit den jeweiligen örtlichen Ausprägungen der gemeinsemitischen Gottheit El (Gen 31,13; 35,7: El Bet-El; Gen 16,13: El Roi; Gen 14,18: El Eljon; Gen 49,25 [P]: El Schaddaj). Jakobs Traum von der Himmelsleiter (Gen 28,10-22) - eine Kultätiologie, die erklärt, warum in Bet-El (später Staatsheiligtum des Nordreiches!) ein Heiligtum entstand - spiegle diesen Prozess der Verschmelzung noch wider. Nach dem Zusammentreffen mit der Exodustradition, so postulierte Alt weiter, wurden die Vätergötter nun auch mit Jahwe identifiziert (Ex 3,16), wobei Mose bei der Vermittlung des Jahwe-Glaubens eine wichtige Rolle spielte.
6.5.2 Kritik an der These Alts
Heute sieht sich die These Alts zunehmend Kritik ausgesetzt. Zunächst einmal
sind viele biblische Texte, in denen die Vätergötter vorkommen, erst
sehr spät entstanden (J. van Seters). Auch ist die Vätergott-Bezeichnung
nicht typisch nomadisch, sondern genau so gut in sesshaften Kulturen belegt.
Ferner konnte Alt damals nur späte Belege (Nabatäer, Ägäis)
für seine These anführen, doch haben andere Forscher nach Alt Belege
gefunden, die bis ins 2. Jhrt. v.Chr. zurück reichen.
Auch von den lokalen Ausprägungen des kanaanäischen Gottes El, die man angeblich ind er Bibel antreffen könne, kann nach neueren Erkenntnissen keine Rede sein: El ist an den oben genannten Stellen nicht als Eigenname eines Fremdgottes gemeint, sondern als Appelativum (= Gattungsname). Mit den Näherbestimmungen (El Schaddai, El Bethel etc.) sollte jeweils ein bestimmter Aspekt des einen biblischen Gottes Jahwe hervorgehoben werden (Volkmar Fritz:Die Entstehung Israels, S. 146)
Rainer
Albertz sieht die Väterreligion als eine Form der persönlichen
Frömmigkeit, die er der öffentlichen Religion gegenüber stellt.
Obwohl typologisch älter, sei sie keine Vorstufe, sondern ein "Substratum"
(= "Unterströmung") der Jahwereligion, die auf die Großgruppe
des Stammes bzw. des Volkes bezogen ist (Religionsgeschichte
Israels in alttestamentlicher Zeit, Bd.1; S.46ff.).
Zu einem negativem Ergebnis hinsichtlich der Vätergotthypothese kommt auch
Volkmar
Fritz: Die Rede vom Vätergott ergebe sich "aus der Komposition
des vorpriesterlichen Geschichtswerks, ohne dass mit der Aufnahme einer feststehenden
Formel gerechnet werden muss. (..) Die Rede vom Gott der Väter als einer
eigenen Ausprägung im Rahmen der altisraelitischen Religion ist nicht haltbar
und darum aufzugeben" (Die
Entstehung Israels, S.148)
6.5.3 Ausblick
Die von den Vätern errichteten Heiligtümer, die durch auffällige
Naturobjekte (Steine, Bäume, Brunnen) gekennzeichnet sind (Animismus?),
werden später von den Propheten als heidnisch
kritisiert. Offensichtlich sahen sie hier ein Einfallstor der kanaanäischen
Religion. Die Kultusreform Josias (7. Jhd.)
schränkt den Opferdienst auf den Jerusalemer Tempel ein.
Bildnachweis
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Catacomb_Via_Latina_Jacob_ladder.jpg
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