Paulus in Ephesus

Dr. Stefan Meißner

Meinem Doktorvater Prof. Christoph Burchard zum 70. Geburtstag in Dankbarkeit gewidmet.

Ephesus ist eine ionische Kolonie, deren Anfänge bis ins 2. Jahrtausend v. Chr. zurückreichen. Der Sage nach hat sie Androklos, ein Sohn des Königs Kodros von Athen, auf Grund eines Orakels gegründet.

CelsusbibliothekZur Zeit des Apostels Paulus hatte Ephesus, das übersetzt wohl „Stadt der Bienenkönigin" heißt, ca. 200-250.000 Einwohner. Damit war sie nach Rom, Alexandria und Antiochia in Syrien die viertgrößte Stadt des Römischen Reiches. Nach den Lydern und Persern herrschten in Ephesus seit 190 v.Chr. die Pergamoner, seit 133 v.Chr. dann die Römer, die die Metropole am Kaystros zur Hauptstadt der Provinz Kleinasien (Asia Minor) machten. Die wichtigsten Ausgrabungen fand man an den Hängen des Pion- und des Nachtigallenberges, wo Lysimachos, einer der Generäle Alexanders, die Stadt neu anlegte.

Ihren Reichtum verdankte die Stadt einmal ihrem bedeutenden Hafen, der später aber zunehmend verlandete. Außerdem war der aus dem 6. Jhd. stammende Artemistempel, eines der sieben Weltwunder der Antike, eine wichtige Einnahmequelle. Artemis (lat. „Diana") war eine Jagd- und Fruchtbarkeitsgöttin, die im östl. Mittelmeerraum auch unter dem Namen „Astarte" bekannt war. Hier an diesem Heiligtum begann der Konflikt, von dem uns die Apostelgeschichte Auskunft gibt, und in dem Paulus eigentlich eher eine Randfigur ist:

Auslöser der Unruhen war ein Silberschmied names Demetrius, der offensichtlich um seine Einkünfte als Hersteller kleiner Artemisstatuen fürchtete. Ob er mit dem inschriftlich beurkundeten gleichnamigen Mitglied des Tempelverwaltungsrates identisch ist, lässt sich nicht mehr mit Sicherheit sagen. Er beschuldigte Paulus, mit seiner monotheistischen Verkündigung die Geschäfte der Silberschmiede geschädigt zu haben. Darüber hinaus habe der Apostel das Ansehen der Artemis geschmälert, woraufhin die aufgebrachte Menge skandierte „Groß ist die Diana der Epheser!"

HadrianstempelDie makedonischen Reisebegleiter des Paulus Gaius und Aristarch werden in das 22.000 Plätze fassende Theater geschleppt, das nur wenige hundert Meter vom Artemision entfernt liegt. Bemerkenswert, dass Paulus bei dieser zweiten Szene fehlt. Möglicherweise kam er in dieser Geschichte gar nicht ursprünglich vor und wurde erst von Lukas sekundär eingefügt. Dass nicht er, sondern seine Jünger belangt werden, kann man als einen typischen Fall von Aggressionsverschiebung betrachten: Ist der Schuldige nicht greifbar, lässt man seine Wut man sich an einem Ersatzobjekt aus.

Ebenfalls auffällig ist, dass auch der Jude Alexander im Theater das Wort ergreift, aber vom tobenden Pöbel nieder geschrieen wird. Was er sagen wollte, lässt sich nur vermuten. Wollte er sich distanzieren von der Verkündigung der Apostel? Doch eigentlich war die Botschaft der Apostel gut jüdisch. Dass die mit Händen gemachten Götter sind keine Götter sind, hatten schon die Propheten des Alten Bundes verkündigt. Deutlich ist jedenfalls, dass das Christentum von Außenstehenden noch deutlich als innerjüdische Gruppierung wahrgenommen wurde. Der Hass der Menge richtet sich gegen beide! Beide werden in Ephesus Opfer des in der Antike weit verbreiteten Antisemitismus, der auf eine explosive Mischung von Fremdenhass und Sozialneid zurückging.

Was die Apostelgeschichte unerwähnt lässt, aus den Briefen des Paulus aber hervorgeht: Der Konflikt hatte trotz des Eingreifen des Asiarchen, der den Massenauflauf wieder auflöste, für den Apostel unangenehme Folgen: Er wurde ins Gefängnis geworfen, wo einige seiner Briefe entstanden (die sog. Gefangenschaftsbriefe, darunter Phlm und Phil). Auch andere Briefe gehen wohl auf den insgesamt ca. 3 Jahre dauernden Ephesus-Aufenthalt des Paulus zurück: Röm, 1+2 Kor und evt. auch Gal.


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"Auf den Spuren des Apostels Paulus" reiste in den Osterferien 2001 eine Lehrergruppe des Erziehungswissenschaftlichen Fort- und Weiterbildungsinstitutes Landau (EFWI).
Die Reise stand vor Ort unter der fachkundigen Leitung von Herrn Bülent Kacmas (www.smyrnatour.com). Ihm sei an dieser Stelle herzlich gedankt für sein Engagement.

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