RESSOURCE-GUIDE ISRAEL

Kurze Geschichte des Staates Israels

von Stefan Meißner


Im Norden Israels: Kreuzfahrerfestung Akko

Es hat seit biblischen Zeiten immer Juden im Heiligen Land gegeben. Aber seit den beiden verlorenen Kriegen gegen die Römer 70 und 135 n.Chr. waren sie dort zur Minderheit geworden. Dass es heute wieder einen jüdischen Staat gibt, in dem nach jüngsten Schätzungen mehr Juden leben als in jedem anderen Land der Diaspora (= „Zerstreuung“, d.h. in den übrigen Ländern), das hat u.a. etwas mit einem Buch zu tun. Die Rede ist von dem 1897 erschienenen Werk des Wiener Journalisten Theodor Herzl: "Der Judenstaat". Die dadurch (mit)ausgelöste Bewegung des „Zionismus“ verfolgt die Idee der Rückkehr in das Land der Väter. Hintergrund der Vision Herzls waren sicher auch die vielen gescheiterten Versuche der friedlichen Integration und Assimilation, auf die Juden gegen Ende des 19. Jahrhunderts zurückblicken mussten. Damals leben in Palästina, das ein Teil des osmanischen Reiches war, etwa 25.000 Juden inmitten von 500.000 Araber.

Die Einwanderung von Juden im 19. und 20. Jahrhundert vollzog sich in immer stärker werdenden Wellen, die man mit dem hebr. Wort „Aliya“ (= wörtl.: „Hinaufgehen“) bezeichnet, das nicht zufällig auch eine religiöse Konnotation (im Sinne von „Wallfahrt“) besitzt. Während der ersten Welle (1882-1903) kamen 20-30.000 Juden ins Land, die meisten von ihnen aus Osteuropa, wo Pogrome den Auswanderungsdruck auf die jüdische Bevölkerung erhöhten. Die zweite Aliya (1904-1914) brachte 35-40.000 Neueinwanderer nach „Erez Jisrael“, die den Anteil der Juden dort auf 13% Juden ansteigen lässt. Dass die Araber vom wachsenden Einfluss der jüdischen Pioniere nicht gerade begeistert waren, verwundert nicht. Nicht zufällig fallen in diese Zeit die ersten bewaffneten Auseinandersetzungen in Palästina.

Unser Lesetipp: Lizzie Dorons "Ruhige Zeiten"

Leale, die Maniküre, arbeitet seit über dreißig Jahren im kleinen Friseursalon von Sajtschik. Nach dessen Tod bricht ihre Welt auseinander, nicht das erste Mal. "Der Krieg hat uns die Familie und die Verwandten genommen, und die Zeit, die vergeht, nimmt uns die Nachbarn und die Freunde." Die Tage der Trauer lassen Erinnerungen in ihr aufsteigen - Erinnerungen an die Menschen, die ihr Leben waren und sind. So tritt die Welt ihres Tel Aviver Viertels lebensvoll vor Augen, in dem sich nach dem Krieg Menschen von "dort", Überlebende der Shoah, wiederfanden, ein neues Leben begannen, soweit das eben möglich war.Lizzie Doron erzählt mit erhellendem Witz und großer menschlicher Wärme vom fragilen Balanceakt des "Dennoch", der die Geschichten all dieser Menschen prägt. Sajtschiks Friseursalon ist der Ort, an dem all jene, die sonst Zuflucht im Schweigen suchen, plötzlich zu erzählen beginnen - denn wo sonst als beim Friseur spricht man, wenn nicht von sich, dann wenigstens von den anderen.
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In der sog. „Balfour-Erklärung“ (1917), benannt nach dem damaligen britischen Außenminister, schlug erstmals eine Großmacht die Schaffung einer „jüdischen Heimstätte“ vor. Der Begriff des „Staates“ wird noch aus diplomatischen Gründen vermieden. Nach der Niederlage der Türken im Ersten Weltkrieg wurde Palästina durch einen Beschluss des Völkerbundes britisches Mandatsgebiet (seit 1920). Die dritte Aliya (1919-1923) brachte 35.000, die vierte Aliya (1924-1931) sogar 82.000 Juden ins Land. Ende der Zwanziger-Jahre führte der wachsende Zuwanderungsdruck zu schweren Unruhen mit Hunderten von Toten. Die mit Abstand größte Einwanderungswelle aber war die fünfte Aliya (1932-45), durch die 300.000 Juden nach Palästina kamen. Viele von ihnen waren Flüchtlinge, die vor den Nazis geflohen waren. 1936-39 kam es zu einem arabischen Aufstand mit Tausenden von Toten. Die Engländer gerieten immer mehr zwischen die Fronten zwischen Arabern und Juden. Daraufhin setzten sie eine Kommission („Peel-Kommission“) ein, die die Teilung des Landes in einen jüdischen und einen arabischen Teil vorschlug.

Nach dem Zweiten Weltkrieg griffen die Vereinten Nationen diese Idee auf und beschlossen einen ähnlichen Teilungsplan (1947), der freilich nie realisiert wurde. Als nämlich am 14.5. 1948 David Ben Gurion die Gründung des Staates Israel ausrief, erklärten die arabischen Nachbarstaaten dem neu entstandenen Gemeinwesen den Krieg. Wider Erwarten konnte sich Israel im „Unabhängigkeitskrieg“ gegen die feindliche Übermacht behaupten und sogar Gebietsgewinne erzielen. Durch Flucht oder Vertreibung verloren damals etwa 800.000 Palästinenser ihre Heimat. Eine etwa gleich große Zahl von Juden musste die arabischen Staaten verlassen, wo sie seit Jahrhunderten lebten. Sie wanderten meist nach Israel ein, wie auch die 550.000 Juden, die zwischen 1948 und 1967 aus Europa und Amerika kamen.

Der neu gegründete Staat Israel kannte bis heute nur kurze Friedenszeiten. 1956 brach der „Suez-Krieg“ aus, der mit der Blockade des Suez-Kanals durch den ägyptischen Präsidenten Nasser begonnen hatte. 1967 rüsteten erneut die Ägypter zum Krieg gegen Israel, wurden aber in einer Blitzaktion („Sechs-Tage-Krieg“) geschlagen. Nach diesem Krieg hielt Israel das Westjordanland („West-Bank“) und den Gazastreifen besetzt. Jerusalem und die Golanhöhen wurden sogar förmlich annektiert, d.h. dem Staatsgebiet einverleibt. 1973 wurde Israel erneut von seinen arabischen Nachbarn überfallen, konnte sich aber erneut militärisch behaupten („Jom-Kippur-Krieg“).

1978 gelang im sog. „Camp-David-Abkommen“, vermittelt durch den damaligen US-Präsidenten Jimmy Carter, ein Friedensabkommen mit Ägypten, das bis heute Bestand hat. Der Libanon-Feldzug Israels (1982), mit dem dieser seine Nordgrenze sichern wollte, war der erste Angriffskrieg Israels. Nach Friedensdemonstrationen in den Großstädten musste sich das Militär wieder zurückziehen. 1994 kam es zu zwei weiteren wichtigen Abkommen: Im „Gaza-Jericho-Abkommen“ sicherte Israel den Palästinensern in den besetzten Gebieten erstmals eine autonome Selbstverwaltung zu. Außerdem unterzeichneten Israel und Jordanien einen Friedensvertrag, mit dem sie einen (zumindest formal) 26 Jahre andauernden Kriegszustand beendeten.

Dass es nicht zu einem dauerhaften Frieden in der Region kam, hängt mit vielen Faktoren zusammen. Zum einen wurde der Garant des Friedensprozesses auf israelischer Seite, Ministerpräsident Jitzchaq Rabin, durch einen fanatischen jüdischen Siedler ermordet. Sodann hatte es vor den Wahlen zur „Knesset“ (= israel. Parlament) 1996 eine Reihe von Selbstmordattentaten gegeben, die zu einem Rechtsruck in Israel führten. Der Gewinner der Wahl, Benjamin Netanjahu, verfolgte gegenüber den Palästinensern eine wesentlich härtere Gangart als Rabin, sodass der Friedensprozess ins Stocken geriet. Unter seinem Nachfolger Ehud Barak schien ein dauerhafter Friede in greifbarer Nähe gerückt, aber die Verhandlungen in Camp David mit Jassir Arafat scheiterten. Insbesondere in der Flüchtlingsfrage und hinsichtlich des künftigen Status Jerusalems gab es keine Annäherung. Eine vielleicht historische Chance auf Frieden war vertan worden.

Als Ariel Sharon, damals noch Oppositions-Politiker, demonstrativ den für Muslime heiligen Tempelberg in Jerusalem betrat, brach ein offener Aufstand der Palästinenser aus (sog. die „Al-Aqsa-Intifada“, 2000-2001). Aber vieles deutet darauf hin, dass diese Aktion nur ein ohnehin schon volles Fass zum Überlaufen gebracht hat. Viele verzweifelte und politisch und religiös fanatisierte Jugendliche warfen sehr bald nicht nur Steine gegen israelische Panzer, sondern rissen als Selbstmordattentäter immer mehr unschuldige Menschen mit in den Tod. Die israelischen Terroropfer gehen seitdem in die Tausende.

Ebenfalls mit dem Namen Sharon verbunden - von 2001 bis 2005 Regierungschef in Israel - war der einseitige Rückzug Israels aus dem Gazastreifen, der nur gegen enormen innenpolitischen Widerstand durchgesetzt werden konnte. Der derzeitige Ministerpräsident Ehud Olmert, ein langjähriger Weggenosse Sharons, hat der palästinensischen Autonomiebehörde Verhandlungen über einen weiteren Rückzug aus den besetzten Gebieten angeboten. Ob er allerdings nach dem Wahlsieg der radikalislamischen Hamas dort auf offene Ohren stoßen wird, ist mehr als fraglich. Noch beharren die Palästinenser auf ihrer „Alles-oder-nichts-Haltung“, die ihnen so oft schon in der Geschichte den Blick für das Machbare verstellt hat. Wann der Leidensdruck groß genug sein wird, um sie zu Kompromissen zu zwingen, ist schwer zu sagen. Das Wort Abba Ebans, ehemaliger israelischer Außenminister, hat leider noch immer Bestand: "Noch nie haben die Palästinenser die Chance verpasst, eine Chance zu verpassen."

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