
Walter Mannweiler wurde am 08.12.1901 in Pirmasens geboren.
Sein Vater, der Lehrer Gustav A. Mannweiler, stammte aus Becherbach am
Glan und seine Mutter, Emma Dorothea, geb. König, kam aus Pirmasens.
Am 31.01.1902 wurde er protestantisch getauft. Seine Großeltern
mütterlicherseits waren der Kaufmann Christian H. König und
dessen Ehefrau Theresia, geb. Kahn. Dieser Großmutter Theresia Kahn
verdankte Walter Mannweiler seine „nicht rein arische Abstammung“
im Sinne der NS-Rassenideologie, weil sie Jüdin war. Theresia Kahn
war am 05.06.1857 in Pirmasens als Tochter des jüdischen Handelsmannes
Reinhard Kahn und dessen Ehefrau Rebekka, geb. Darnbacher, geboren worden.
Nach dem Abitur hat Walter Mannweiler in Heidelberg und München Jura
studiert. Von 1922 bis 1925 war er bei der Deutschen Bank in Frankfurt
a.M. tätig.
Unter dem Einfluss seines Stiefvaters, des Pfarrers Carl Jung, begann
er 1925 in Halle mit dem Theologiestudium. 1927 ist er an die Philipps-Universität
in Marburg übergewechselt. Nach seinem Examen begann Walter Mannweiler
im Mai 1929 im Predigerseminar Landau seinen Dienst als Vikar in der Pfälzischen
Landeskirche. Seine erste Dienststelle führte ihn nach Dielkirchen
in der Nordpfalz, anschließend war er bis 1933 als Pfarrverweser
in Hüffler-Wahnwegen und in Glan-Münchweiler in der Westpfalz
tätig. In jener Zeit erschienen die ersten Publikationen von Walter
Mannweiler in den protestantischen Sonntagsblättern „Union“
und „Pfälzer Pfarrerblatt“. Im Pfälzischen Pfarrerblatt
folgten neben Zeitschriftenbesprechungen, Aufsätze zu den unterschiedlichsten
Themen. In seinen Veröffentlichungen legte Walter Mannweiler auch
seine Position als protestantischer Christ gegenüber dem Judentum
dar. Für Hans Reichrath gehört es zu den Merkwürdigkeiten,
wie Walter Mannweiler sein Christentum und seine Kirche verteidigt und
dabei das Judentum abwertet. Auf die Frage „Ist Christentum Judentum?“
antwortet Mannweiler: „Die Juden haben einst Jesus ans Kreuz gebracht,
Jesusgeist und Judengeist reimen sich nicht zusammen. Heute noch ist das
Judentum der erklärte Todfeind des Christentums. Kein Volk der Erde
wehrt sich so hartnäckig gegen das Christentum, keine Mission ist
so schwierig wie die Judenmission – und da soll zwischen Judentum
und Christentum kein Unterschied bestehen? – Törichtes Gerede!“
In Nr. 35 der protestantischen Sonntagszeitung „Union“ von
1932 erschienen zum Mannweiler’schen Aufsatz „Randbemerkungen“
wie, daß das AT. und das NT. für uns Christen keineswegs gleichwertig
sind. „Christsein, das kann niemals heißen: Leben, Glauben,
Denken wie der Jude Jesus.“ Hier demonstriert der deutsche Protestantismus
„das lebensvolle, gewaltige Ringen des deutschen Gemüts um
den Besitz des Ewigkeitswertes der Gottesoffenbarung in Christo. Das ist
und kann gar nichts ‚Jüdisches’ sein. Das ist Ewiges
in Form des deutschen Wesens.“
Hans Reichrath betont zu Recht, daß es aus heutiger Sicht zu den
Unbegreiflichkeiten jener verworrenen Zeit gehört ,,wie ein begabter
und profilierter Theologe wie Walter Mannweiler in tiefer Gläubigkeit
ein protestantisch-liberaler Christ, in voller Überzeugung und Selbstverständlichkeit
ein – im guten Sinne – nationaler Deutscher, von den braunen
Rassenfanatikern mit einem "Makel’ behaftet wurde, der keiner
war und der ihm selber in all seinen Konsequenzen zuerst langsam, aber
dann ... umso bedrängender bewußt wurde, sodaß er nach
wenigen Jahren Tätigkeit als Pfarrer unserer Landeskirche wohl keine
lebenswerte Chance mehr sah in seinem Vaterland.“ Wäre Walter
Mannweiler nicht rechtzeitig emigriert, hätte er Schwierigkeiten
bekommen, weil er, wie es das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums
vom 07.04.1933 formuliert „nichtarischer Abstammung“ war.
Im November 1931 bewarb er sich als Pfarrverweser von Hüffler-Wahnwegen
um Versetzung nach Glan-Münchweiler. Er glaubte „der Landeskirche
auf einem Posten mit mehr Arbeit und größerer Verantwortung
– wie sie besonders durch das zielbewußte Vordringen der Katholiken
in Glan-Münchweiler gegeben ist! - mehr dienen zu können ...“
Am 12.10.1932 wiederholt Walter Mannweiler seine Bitte um Versetzung.
Im Mai 1933 wird er nach Glan-Münchweiler versetzt. Doch als er sich
um die Pfarrerstelle in Glan-Münchweiler bewarb, verwies der Kirchenpräsident
auf die Arierfrage. Die Kirchenleitung in Speyer lehnte daraufhin Mannweilers
Ernennung wegen der nichtarischen Großmutter ab. Pfarrverweser Mannweiler
zog sofort die Konsequenzen. Schon am 11.03.1934 bittet er um seine „Entlassung
aus dem Pfälzischen Kirchendienst bis zum 15.4.1934 zum Zwecke der
Übernahme der Pfarrstelle Kappelen (Kanton Bern-Schweiz)“ .
Die Begründung, die Walter Mannweiler gibt, ist sehr aufschlussreich:
„Die Entwicklung in der Deutschen Evangelischen Kirche mit der immer
stärkeren Betonung des Rassegedankens macht es mir innerlich unmöglich,
ihr mit ehrlicher Überzeugung und freudigem Herzen weiterhin dienen
zu können. War es im vergangenen Jahr die Sorge um meine äussere
Existenz, die mich meine Schweizer Beziehungen ausbauen liessen, so ist
heute ausschlaggebend die vollkommene innere Unmöglichkeit, unter
solchen Verhältnissen Dienst zu machen. So dankbar ich auch den verschiedenen
maßgeblichen Herren war und noch bin, dass sie mir ihre Hilfe zusagten,
so unerträglich war mir doch der Gedanke, dass ich, der ich genau
so gearbeitet habe wie jeder andere, nur auf besondere Fürsprache
hin hätte im Amte bleiben dürfen.
Da heute bereits auf vielen Gebieten des öffentlichen Lebens (z.B.
für Amtswalter, Bauern) die arische Abstammung bis zum Jahre 1800
nachgewiesen werden muss und da bei der Expansionskraft des Rassegedankens
es nicht möglich erscheint, dass dieser Nachweis eines Tages auch
für Beamte und andere Berufe verbindlich sein wird, bestimmte mich
letztlich und entscheidend der Gedanke an die Zukunft meiner Kinder bei
dem mir sehr schwergewordenen Entschluss, die Heimat zu verlassen. Ich
danke dem Landeskirchenrat herzlich für das mir bisher stets bewiesene
Wohlwollen und entgegengebrachte Verständnis.“ Am 03.04.1934
hat Walter Mannweiler mit seiner Familie die Pfalz verlassen.
Die Verbindungen zu Verwandten und Freunden in der pfälzischen Heimat
sind für den fortan in der Reformierten Kirche der Schweiz Gebliebenen
nie abgerissen. Auch zu der offiziellen Pfälzischen Landeskirche
ließ er den Kontakt nicht abbrechen.
In den Jahren 1947/48 wurde Walter Mannweiler von der Pfälzischen
Landeskirche mehrfach in die Pfalz eingeladen. 1951 kam es zu einem Besuch
in der Pfalz. Der Aufforderung der Kirchenleitung, wieder als Pfarrer
in der Pfälzischen Landeskirche tätig zu werden, erteilte er
mit bewegten Worten eine Absage. Er bot aber der Pfälzischen Landeskirche
seine Dienste an. Im Mai 1959 wurde Walter Mannweiler in Solothurn zum
Pfarrer gewählt. In der Woche, in der er in das Pfarrhaus einziehen
wollte, erlitt er im Alter von 59 Jahren einen Herzinfarkt und starb am
16.09,1960.
Verwendete Quellen und Literatur:
Biundo, Georg, Die evangelischen Geistlichen der Pfalz seit der Reformation
(Pfälzisches Pfarrerbuch). Neustadt a.d. Aisch, Nr. 3290, 1968, S.
286.
Fandel, Thomas, Konfession und Nationalsozialismus. Evangelische und katholische
Pfarrer in der Pfalz 1930 – 1939. (= Veröffentlichungen der
Kommission für Zeitgeschichte, Reihe B: Forschungen, Bd. 76). Paderborn
u.a. 1997, S. 146 – 149.
Reichrath, Hans L., Walter G. Mannweiler (1901 – 1960). Versuch
des Gedenkens an einen ehemaligen Pfarrer der Pfälzischen Landeskirche,
der als „Nichtarier“ seine Heimat verlassen mußte. In:
Kuby, Alfred Hans (Hrsg.), Juden in der Provinz. Beiträge zur Geschichte
der Juden in der Pfalz zwischen Emanzipation und Vernichtung. Neustadt
a.d.W., 1988, S. 127 – 140.
Reichrath, Hans L., Ludwig Diehl 1894 - 1982. Kreuz und Hakenkreuz im
Leben eines Pfälzer Pfarrers und Landesbischofs. Speyer 1995, S.
39 - 64.
Stumpf, Gerhard und Evelyn, Geliebtes Pirmasens. Heimatgeschichtliche
Erinnerungen unter Verwendung von Archivmaterial von J, B. Lehnung, der
Stadt Pirmasens, zeitgenössischer Literatur, privaten Leihgaben und
eigenen Beiträgen. Bd. XII, 1930 – 1940, S. S. 80 und 142.
Linktipps:
Die Pfälzische Landeskirche in der Zeit des Nationalsozialismus
von Pfarrer Paul Werron
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