Spurensicherung - Lebenslauf einer
Ingenheimer Jüdin
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Ehemaliges Wohnhaus von
Dr. Jeremias |
Dann wurde bekannt gegeben, dass wir alle in unser Heimatdorf zurückkehren sollten. Zuerst passte mir das überhaupt nicht, da ich mich hier inzwischen gut eingelegt hatte, aber dann sagte ich mir, dass ich diesen Menschen meine Anwesenheit nicht länger zumuten konnte, wenn mir schon eine Möglichkeit angeboten wurde, wieder nach Hause zu fahren. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, auszuwandernn, nur waren zu dieser Zeit meine Papiere noch nicht fertiggestellt.
Als ich dann in Ingenheim ankam, sah ich erst, was alles geschehen war: Alle Wohnungen waren ausgeräumt, alle Wertsachen beschlagnahmt, Möbel zerstört und es waren auch einige Häuser ausgebrannt, da die Feuerwehr in der Kristallnacht den Befehl hatte, nicht auszurücken. Alles war furchtbar demoliert, es sah katastrofal aus. Ich konnte damals nicht begreifen, dass es unter Menschen solche Ereignisse gibt. dass so etwas möglich ist, es gab doch keine Erklärung dafür. Von diesem Zeitpunkt an verdiente ich in der kleinen Zigarrenfabrik meines Vaters, der etwa zehn Arbeiter beschäftigte, mein Brot.
Aus dieser Zeit ist mir heute noch sehr gut ein Ereignis im Gedächtnis. Als mich mein Hausarzt im Jahre 1939 wegen meines Gelenktrheumas besuchte, kam er mit meinem Vater und meiner Mutter, alte Schulkammeraden, ins Gespräch. Damals sagte Dr. Jeremias zu meinem Vater: "G., wir gehen noch einmal mit dem Rucksack!" Und genau so kam es. Allmählich wurde dei Situation für unsere Familie immer prekärer, da wir in finanziele Schwierigkeiten kamen. Mein Vater durfte aufgrund einer Verordnung nichts verkaufen und musste zudem allen Beschäftigten weiterhin Arbeit geben und keinen entlassen. Es war eine schreckliche Zeit, die kein Mensch ermessen kann, sie sollte auch noch schlimmer werden.
Auch brach der Kontakt zu Christen fast völlig ab, aber sicherlich nicht von Seiten der Christen oder Juden, vielemehr aufgrund der einzelnen Gesetze, die jetzt immer verschäft wurden. Zu dieser Zeit hatte ich eine enge Freundschaft mit einer Christin, die sich gerade zu Bund Deutscher Mädchen gemeldet hatte, denn damals galt man nichts, ohne Mitglied in einer solche Organisation zu sein. Es bestand eine enge Gemeinschaft zwischen uns, ich besuchte sie täglich oder umgekehrt. Gegen abend machten wir oft einen Spaziergang, und einmal wurden wir von der damaligen BDM-Führerin gesehen. Am nächsten Tag kam meine Freundin zu mir, und sagte, dass ihr die BDM-Führerin den Umgang mit mir verboten habe. Darauf erwiderte ich: Na dann ist wohl unsere Freundschaft hiermit beendet. Doch sie meinte: "Ich bin ein freier Mensch und lasse mir in Bezug auf mein Privatleben keine Vorschriften machen." Dieser Ausspruch war damals sehr wichtig für mich, denn ich hatte doch sonst niemanden. Übrigens diese Freundschaft besteht heute noch und ist inzwischen ein halbes Jahrhundert alt.
Ihr Vater hatte oft zu mir gesagt: "Für dich bleibt immer das Türchen offen. Wenn es Probleme gibt, kannst Du auf uns zählen." Doch als die Judenverfolgung sich ganz rapide zuspitzte, ging ich nicht mehr zu ihnen. Ich konnte diese Leute doch nicht in Misskredit bringen, aber immerhin bestand, was doch viel wert war, die Möglichkeit, bei ihnen unterzutauchen.
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Links zum jüdischen Leben in Ingenheim
Die
Reichspogromnacht in Ingenheim, aus einem Vernehmungsprotokoll
Kurzinformationen
über die Synagoge in Ingenheim
Hier
etwas über Anselm Schopflich Lévi; einen Rabbiner Ingenheims
(19. Jhd.)
Hier
finden Sie Bilder und weitere
Informationen zum jüdischen Leben in Ingenheim.
Weitere
hilfreiche Materialien und Bilder auch unter http://www.alemannia-judaica.de/ingenheim_synagoge.htm
(externer Link)