Jugendliche aus Israel und Palästinavon Annette Kliewer |
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Was denken Jugendliche aus Israel und Palästina über ihr Leben,
über ihre Zukunft, ihre Hoffnungen und Ängste, ihre Alltagssorgen
und Träume? Im Kontext einer Reihe zu "Auf der richtigen Seite?
Der Nahost-Konflikt im Alltag von Jugendlichen ", die PD Dr. Annette
Kliewer für den Religions- und Ethikunterricht der 9./10. Klasse
entwickelt hat, wurden einerseits 19 Antworten von israelischen Jugendlichen
der
Auffällig ist, dass die israelischen Jugendlichen bis auf eine Ausnahme
sich eher als Atheisten bezeichnen, für die palästinensischen
Jugendlichen umgekehrt bis auf eine Ausnahme die Religion wichtig ist.
Es findet sich in keiner der Antworten religiöser Extremismus. Die
Jugendlichen zeigen sich alle mehr oder weniger besorgt über die
Lage in Israel, kommen aber zu keiner Schuldzuschreibung. Dies kann vielleicht
dadurch erklärt werden, dass die Briefe an einen Adressaten in einem
anderen Land gerichtet ist, man also selbst als friedfertig auftreten
möchte. Zu berücksichtigen ist die Auswahl der Jugendlichen:
Die palästinensischen Jugendlichen aus Beit Jala sind zwar Muslime,
gehen aber in die christliche Schule Talitha Kumi, haben also sicher eine
Erziehung zur Toleranz hinter sich. Die Jugendlichen aus Yavne kommen
alle aus der gebildeten, aufgeklärten Mittelschicht. Die wichtigste
Frage in diesem Kontext ist die nach der Möglichkeit, eine Frau/einen
Mann "von der anderen Seite" zu heiraten: Hier kommen doch die
meisten Jugendlichen zu einer ablehnenden Haltung: Man kennt sich nicht,
die Familien würden die Beziehungen ablehnen, es gäbe Probleme
mit der Religion. Die Reihe versucht, ausgehend von dem Ansatz des „doppelten Narrativs“
den Konflikt darzustellen, ohne für die eine oder andere Seite Partei
zu ergreifen. Wie die Forschergruppe PRIME (Peace Research Institute in
the Middle East) um den israelischen Psychologen Dan Bar On (Universität
Beer Sheva) und den palästinensischen Erziehungswissenschaftler Sami
Adwan (Universität Bethlehem) seit 2002 festgestellt hat, ist Frieden
in der Region so lange nicht zu erlangen, so lange jeder Konfliktpartner
eine unterschiedliche Sicht auf die Geschichte und ihre Konsequenzen für
die Gegenwart hat und so Kommunikation gar nicht möglich ist. Eine
Gruppe von Lehrer und Wissenschaftlern verfasste ein Schulbuch, in dem
wichtige Etappen der konfliktreichen israelisch-palästinensischen
Geschichte des 20. Jahrhunderts aus beiden Perspektiven dargestellt werden.
Auch in der Unterrichtsreihe soll – soweit möglich –
versucht werden, den doppelten Blick auf die Realität aufzunehmen. Sutcliffes Roman nimmt indirekt über die Figur von Joshua eine
Identifikationsfigur in den Blick, die zwischen den Fronten steht: Joshua
ist zwar selbst Jude, sympathisiert aber mit Palästinensern. Dabei
wird aber auch die palästinensische Position kritisch dargestellt,
die palästinensischen Terroristen, die „seinen“ Tunnel
erbaut haben und die sowohl ihn wie auch die Familie der „Verräter“
um Leila verfolgen, werden ebenso kritisch dargestellt wie die israelischen
Besatzer. Der Roman bietet über die Entwicklung von Joshua vom naiven
Kind, das ein Abenteuer sucht, hin zu einem bewussten Jugendlichen, der
sich von seiner Familie lossagt, eine Art von Coming out, mit dem sich
auch deutsch Jugendliche identifizieren können. Es ist nicht im Sinne der Klärung, wenn einseitig Stellung genommen wird. Die Situation der palästinensischen Jugendlichen (40 % aller Bewohner der besetzten Gebiete sind unter 15 Jahre alt) ist durch hohe Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit gekennzeichnet, die – so der Soziologe Gunnar Heinsohn in "Söhne und Weltmacht" (2006) - dazu führt, dass eine Anfälligkeit für extremistische Ideologien unter ihnen von den palästinensischen Führern missbraucht wird. Solange sich die Situation nicht ändert und allein Israel der Feind ist, können die erwachsenen Palästinenser von der erhöhten Gewaltbereitschaft vor allem unter männlichen Jugendlichen auch noch profitieren. Diese Situation wird bei Sutcliffe ansatzweise am Beispiel der palästinensischen Jugendgang gezeigt. Insgesamt schein Sutcliffe aber den richtigen Ton getroffen zu haben, der beide Seiten zu ihrem Recht kommen lässt. Da von den Schüler im Religions- oder Ethik-Unterricht nicht erwartet werden kann, dass sie den Roman vollständig lesen, findet sich zunächst eine Hinführung zu den Figuren des Romans und ihren Konflikten, dann in einem zweiten Teil einige Auszüge, die parallel zu weiteren Materialien einführen in das Leben von Jugendlichen in Israel heute. Besonders herausgegriffen werden dabei die folgenden Schlüsselmotive des Romans, die in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft in Israel beleuchtet werden: Die Mauer, die Olivenhaine, die Tunnel, die Siedlungen. In einem dritten Teil werden israelische und palästinensische Jugendliche selbst zu Wort kommen, zunächst in dem Film „Hass und Hoffnung“, der sieben Jugendliche aus den unterschiedlichen Milieus (Orthodoxe Juden, Siedler, säkulare Juden, aber auch Palästinenser aus Ostjerusalem und aus einem Flüchtlingslager bei Bethlehem) interviewt. Dieser Film eignet sich in besonderer Weise für den Unterricht, zumindest in Auszügen. Die Schüler sollen beide Sichtwesen respektieren und differenziert argumentieren: Dies wird anschließend an Beispiel von Auszügen aus dem Film "Wir weigern uns, Feinde zu sein" von Stefanie Landgraf und Johannes Gulde aus dem Jahr 2011 geübt, der in Deutschland kontrovers diskutiert wurde. Die Reihe endet mit einigen Beispielen für Friedensinitiativen in der Region, um deutschen Jugendlichen Mut zu machen, ihnen zeigen, dass es Menschen gibt, die nicht nur passiv auf die Situation reagieren, sondern bereit sind, gewaltfrei zu agieren. Die Beschäftigung mit dem Thema kann natürlich noch intensiviert werden, wenn der gesamte Roman im Deutschunterricht oder in der englischen Fassung im Englischunterricht gelesen wird. Ein fächerübergreifender Ansatz wird auf jeden Fall die literarische Gestaltung intensiver in den Blick nehmen können. Weitere fächerübergreifende Arbeitsmöglichkeiten ergeben sich im Geschichtsunterricht in der Aufarbeitung der historischen Hintergründe für die aktuelle Situation, diese werden nur in der 4. Stunde extrem kurz zusammengefasst. Auch der Erdkunde-Unterricht könnte den Zugang zum Thema bereichern: Besonders die Fragen der Siedlungspolitik, die Frage der Wasserverteilung, des Umgangs mit den Ressourcen der Region oder der geopolitischen Bedeutung des Konflikts für den gesamten Nahen Osten könnten hier von Interesse sein. Dieser letzte Aspekt könnte auch im Sozialkunde-Unterricht vertieft werden. Schließlich ist es natürlich möglich, die gesamte Reihe auch im Religionsunterricht durchzuführen, insbesondere in der 5. Stunde werden Ansatzpunkte für eine theologische Deutung des Konflikts angedeutet, hier am Beispiel des religiös bedeutsamen Motivs des Olivenhains. Die folgenden Text: Annette Kliewer |
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