Tadeusz Borowski: „Bitte, die Herrschaften zum Gas“

von Nico Schmidt


Tadeusz Borowski wurde am 12. November 1922 in Zhitomir (Ukraine) geboren. Seit 1933 lebte er in Polen und studierte an einer Untergrund-Universität in Warschau. Im Jahr 1943 wurde er verhaftet und nach Auschwitz gebracht. Er wurde erst durch die amerikanischen Truppen in Dachau befreit, nachdem er dorthin deportiert wurde. Am 3. Juli 1951 nahm er sich durch einen Kopfschuss das Leben.

Tadeusz Borowski's Erzählung "Bitte, die Herrschaften zum Gas" handelt von einem Ich-Erzähler, der sich in Auschwitz dem Kanadakommando anschließt, um bei einem ankommenden Transport polnischer Juden ein paar Schuhe zu erhalten. Das Kanadakommando bestand nur aus Häftlingen der Konzentrationslager. Sie sind für die Entladung der zur Vergasung bestimmten Judentransporte eingeteilt. Der größte Teil dieser Arbeit bestand daraus die Lebenden und Toten aus den Viehwaggons auszusortieren, ihnen die Kleidung zu entnehmen, bei der Selektion mitzuwirken und den Abtransport zu den Gaskammern durchzuführen. Auch das Einsperren in die Gaskammern und die Bedienung der Brennungsöfen gehörten oftmals zu ihren Aufgaben. So kam es auch manchmal vor, dass diese Häftlinge ihre Freunde oder gar Verwandten, die mit einem anderen Transport kamen, wie sie selbst, in die Gaskammer sperren und sie anschließend verbrennen mussten. Bei der Entladung durften sie alle Lebensmittel und verschlissene Kleidung, die sie fanden, behalten. Der Schmuck, das Geld und die gute Kleidung mussten sie den SS-Männern geben, die diese Entladung überwachten. Diese sogenannten Schergen passten auf, dass es keine Fluchtversuche gab und sorgten dafür, dass die Arbeit möglichst schnell verrichtet wurde. Versuchte einer der Häftlinge Gold oder Schmuck an sich zu nehmen wurden dieser sofort erschossen. Die SS-Männer selbst mussten sich somit "die Hände nicht schmutzig machen".

In dieser Erzählung schafft es Tadeusz Borowski zu zeigen, wie die Häftlinge praktisch dazu gezwungen wurden bei diesen Grausamkeiten mitzuwirken, um ihr eigens Leben zu retten. Ohne das Essen, das sie durch diese Transporte erhielten, wären sie wahrscheinlich verhungert. Sie verrichteten diese grausame Arbeit und verloren dabei jegliche Anteilnahme an den vielen tausenden Menschen, die sie für den Tod vorbereiten.
Ein kleines Mädchen, das noch lebt wird auf den Hügel mit den Leichen geworfen. Überall zwischen den Toten liegen Menschen, die noch leben. Doch auch sie werden später zusammen mit den Toten verbrannt, "bei lebendigem Leibe". Ein anderes Mädchen dreht durch und fängt an zu schreien, worauf ein SS-Mann sie einfach erschießt. Eine Frau will ihr eigens Leben retten indem sie vor ihrem eigenen Kind davon läuft und es abstreitet. Doch all diese Dinge bewegen den Ich-Erzähler nur am Anfang. Je länger er seine Arbeit vollrichtet, desto mechanischer wird sie und desto gefühlloser wird er selbst. Er arbeitet so schnell es geht, damit er wieder zurück ins Lager kommt, in dem er sich sicher und geborgen fühlt, im Gegensatz zu den drohenden Schornsteinen in Birkenau.
Die Erfahrungen, des Ich-Erzählers zeigen, dass in den Konzentrations- und Vernichtungslagern jeder für sich und sein Überleben verantwortlich war und somit nicht auf die anderen Mitgefangenen Rücksicht nehmen konnte. Er glaubt nicht daran, dass irgend jemand lebendig Auschwitz verlassen wird. Er versucht so lange es möglich ist am Leben zu bleiben und die Gaskammer zu umgehen, indem er Hilft andere dorthin zu bringen. Er weiß nicht, dass oftmals das Kanadakommando nach der Vollrichtung seiner Arbeit ebenfalls in die Gaskammer geht. Für ihn ist der einzige Ausgang aus Auschwitz der Schornstein und er denkt nicht, dass er ihn umgehen kann.

Ich denke, dass Tadeusz Borowski mit seiner Erzählung sehr gut die grausamen Handlungen in den Vernichtungslagern beschreibt. Die Tatsache, dass er dies alles wahrscheinlich selbst miterlebt hat, macht es für den Leser so real. Ob Borowski hier von seinem eigenen Schicksal schreibt, lässt sich nur erahnen. Sein früher Selbstmord im Alter von nur 29 Jahren könnte ein Zeichen dafür sein, dass er die schrecklichen Momente in Auschwitz Birkenau nie überwunden hat. Es zeigt, dass nach der Befreiung für die überlebenden Juden noch längst nicht alles vorbei war. Die schrecklichen Erinnerungen und die Verluste von Freunden und Familien werden sie komplett verarbeiten können.

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