Dietrich Bonhoeffers Widerstand gegen die Judenverfolgung im Dritten Reich [1]

"Tu deinen Mund auf für die Stummen"

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Im Morgengrauen des 9. April 1945 wurde der deutsche Pastor ohne Pfarrstelle und ehemalige Privatdozent an der Berliner Universität Dietrich Bonhoeffer - zusammen mit Admiral Wilhelm Canaris, Hauptmann Ludwig Gehre, General Hans Oster, Generalstabsrichter Karl Sack und Oberleutnant Theodor Strünck - im KZ Flossenbürg auf persönliche Anordnung Hitlers umgebracht. Zur gleichen Zeit wurde der Schwager Bonhoeffers Hans von Dohnanyi im KZ Sachsenhausen getötet. Der Diktator sah in ihnen die Hauptverantwortlichen am Putsch des 20. Juli 1944. Damit dieser Racheakt in Flossenbürg unter dem Schein des Rechts erfolgten, wurde am Vorabend ein kurzes förmliches "Standgericht" unter dem Vorsitz des SS- und Polizeirichters Otto Thorbeck gehalten, der dazu eigens aus Nürnberg anreisen mußte.[2]

In der Nacht vom 22. zum 23. April 1945 wurden Bonhoeffers Bruder Klaus und sein Schwager Rüdiger Schleicher und andere Häftlinge, die das Ende der Herrschaft Hitlers nicht überleben sollten, von der SS aus dem Gefängnis in Berlin herausgeführt und am Lehrter Bahnhof erschossen. In den sogenannten "Kaltenbrunnerberichten" - einer Zusammenfassung und Bewertung der Verhöre der Verschwörer durch die Gestapo zur Unterrichtung Adolf Hitlers - wird festgestellt, daß "der ganze Kreis, der sich um den Namen Bonhoeffer gruppiert" - Gegner des Regimes aufgrund der Judenpolitik des Dritten Reiches waren. Daß diese Männer mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln bis hin zur Planung eines Staatsstreiches gegen die Terrorherrschaft Hitlers kämpften, die in der Vernichtung der europäischen Juden gipfelte, wurde der Anlaß ihrer Beseitigung. Heute ist Dietrich Bonhoeffer einer der bekanntesten deutschen protestantischen Theologen in der Ökumene. Sein Name verbindet sich vor allem mit seiner aktiven Beteiligung am gewaltbereiten Widerstand gegen Hitler, aber auch mit seiner in Neuland vorstoßenden, kühnen und hilfreichen Theologie. Aufgrund seiner persönlichen Integrität und Frömmigkeit ist Bonhoeffer so etwas wie ein evangelischer Heiliger geworden, ein Glaubenshelfer. Seine Briefe und Texte aus dem Gefängnis, die als Buch mit dem Titel "Widerstand und Ergebung" erschienen, aber auch einzelne Sätze von ihm und vor allem sein letztes Gedicht "Von guten Mächten wunderbar geborgen" haben eine millionenfache seelsorgerliche Wirkungsgeschichte entwickelt, weil sie besiegelt wurden durch Bonhoeffers Märtyrertod.

Bonhoeffers kirchliches und politisches Engagement, seine Biographie und Theologie stehen in vielerlei Weise mit der, wie man im Dritten Reich allgemein sagte: "Judenfrage" in Beziehung - politisch, theologisch, diakonisch-humanitär. Ich möchte einzelne Elemente und Stationen von Bonhoeffers Widerstand gegen die Judenpolitik des Dritten Reiches darstellen. Sie führten folgerichtig dazu, daß er sich bei der Planung des Befreiungsversuchs des 20. Juli 1944 engagierte. Und ich möchte die theologischen Gedanken und Akzentuierungen Bonhoeffers darlegen, die ihn dazu bewegten, sich anders als die allermeisten Christen in Deutschland zu "Israel" als theologischem Sachverhalt und zu den zu seiner Zeit verfolgten Juden zu verhalten.

In den letzten 20 Jahren wurde eine erneute Durchsicht seines Werkes unter dem Gesichtspunkt "Bonhoeffers Widerstand gegen die Judenverfolgung im Dritten Reiches" ein anregendes, wichtiges Element bei den christlichen Umkehrbemühungen nach dem Holocaust.[3]

1. Der Einfluß der Familie auf Dietrich Bonhoeffer

"Die Familie hatte so viel Gewicht, daß es für den einzelnen ungleich schwieriger gewesen wäre, ein Nazi oder auch nur `Mitläufer' zu werden, als in den Widerstand zu gehen." [4]

Die Bonhoeffers waren eine großbürgerlichen Familie, die im Berliner Grunewaldviertel inmitten von Gelehrten und hohen Beamten lebte. Der Anteil der Juden - im religiösen Sinne - dort war überproportional hoch, er lag bei 13 Prozent. Die Bonhoeffers waren protestantisch, politisch republikanisch, rechtsstaatlich liberal. Christlicher Antijudaismus in jeder Form, ganz gleich, wie er sich artikulierte (Kirche als neues Israel, welches das Erbe des verworfenen Israel antritt - Judenverfolgungen als Gottes Strafe für die Gottesmörder - Das Alte Testament als Gesetz durch das Evangelium des Neuen Testaments überholt; Notwendigkeit der Judenmission) war in der Familie unbekannt. Der Grund: man beschäftigte sich nicht mit christlicher Theologie, sondern mit Zeitfragen, wobei naturwissenschaftlich-philosophische oder juristische Perspektiven dominierten. Soziokultureller oder politischer Antisemitismus war der Familie ebenfalls fremd, dazu war man zu aufgeklärt, zu rechtlich eingestellt und zu humanistisch. Karl Bonhoeffer, der Vater, Professor für Neurologie und Psychiatrie in Berlin, hatte stets Kollegen und Assistenzärzte, die assimilierte, liberale deutsche Juden waren. Freunde und geschätzte Nachbarn der Bonhoeffers waren Juden. Und den rassetheoretischen Antisemitismus der Zeit, den die NS-Bewegung zum zentralen Punkt ihres politischen Programms erhob, lehnte die Familie Bonhoeffer ab. Die Bonhoeffers lehnten überhaupt Hitler und die NS-Bewegung mit ihrem Antisemitismus und Antibolschewismus ab. Jeder Angehörige der Familie erwies sich als immun gegenüber dem Volkstribunentum Hitlers, der NS-Ideologie und der revolutionären Aufgeregtheit der sogenannten nationalen Erneuerung.

Als Hitler die Macht in Deutschland übernahm, erfuhr Dietrich Bonhoeffer in seiner Familie und in seinem engsten Freundeskreis konkret die sogleich anhebenden unmenschlichen Auswirkungen der staatlichen und kirchlichen Judenpolitik: Sein Schwager Gerhard Leibholz, der seine Zwillingsschwester Sabine geheiratet hatte, ein getaufter Jude und praktizierender Christ, verlor aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vom 7. April 1933 seine Professur für Staatsrecht in Göttingen. Er emigrierte im Herbst 1938 mit seiner Familie nach England.

Mit diesem jüdischen Schwager verbindet sich allerdings auch eine Bonhoeffer demütigende Erfahrung: Am 11. April 1933 starb dessen Vater, der nicht zu Christ geworden war. Die Familie hätte es gern gesehen, wenn Bonhoeffer die Trauerfeier für ihn gehalten hätte. Aber dieser folgte dem Rat seines zuständigen Generalsuperintendenten und lehnte die Amtshandlung ab. Am 23. November 1933 schrieb Bonhoeffer an seinen Schwager:

"Es quält mich ... , daß ich damals nicht ganz selbstverständlich Deiner Bitte gefolgt bin. Wie konnte ich damals nur so grauenhaft ängstlich sein? Ihr habt es gewiß auch gar nicht recht verstanden und nur nichts gesagt. Aber mir geht es nun ganz gräßlich nach, auch weil es gerade etwas ist, was man nie wieder gut machen kann. ... Ich weiß heute sicher, ich hätte es anders machen sollen."[5]

Seinem Freund Franz Hildebrandt, einem ebenso glänzenden jungen Theologen wie Bonhoeffer, wurden wegen seiner jüdischen Abstammung sowohl eine Pfarrstelle wie auch eine akademische Anstellung verwehrt. Er folgte November 1933 Bonhoeffer nach England, als der dort Pfarrer zweier deutschen Londoner Gemeinden wurde, bis ihn 1934 Martin Niemöller als Mitarbeiter nach Berlin-Dahlem holte. 1937 emigrierte Franz Hildebrandt endgültig nach England.

Das Verhalten der Großmutter Julie Bonhoeffer, geborene Tafel, am Tage des reichsweiten Judenboykotts am 1. April 1933 ist bezeichnend für den Geist der Familie Bonhoeffer: "I kauf mei Butter, wo i mei Butter immer kauf!" sagte sie in bestem Schwäbisch zu dem SA-Mann, der sich ihr vor einem jüdischen Geschäft mit der Bemerkung in den Weg stellte, sie müsse doch nicht ausgerechnet bei einem Juden kaufen. Frau Bonhoeffer soll an diesem Tag die einzige Kundin dieses Ladens gewesen sein. In der Predigt an ihrem Sarge sagte Dietrich Bonhoeffer am 15. Januar 1936:

"Sie konnte es nicht ertragen, wo sie ... das Recht eines Menschen vergewaltigt sah. Darum waren ihre letzten Jahre getrübt durch das große Leid, das sie trug über das Schicksal der Juden in unserem Volk, an dem sie mittrug und mitlitt." [6]
"Die Judenpolitik war eigentlich das beherrschende Thema im Familienkreis, mit dem auch die anderen politischen Fragenkreise verknüpft waren."[7] Bereits im Frühjahr 1933 überlegten Klaus und Dietrich Bonhoeffer mit Paul Lehmann aus New York, der gerade bei den Bonhoeffers zu Besuch war, wie sie geeignete Kreise in den USA authentisch über die Ausschreitungen der SA und die staatliche Gesetzgebung gegen Juden und Kommunisten unterrichten könnten.[8] Informiert wurde auf diese Weise Stephen S. Wise, einer der angesehensten Reform-Rabbiner in den USA, der unter anderem den amerikanisch-jüdischen Kongreß und den Jüdischen Weltkongreß gründete. Bonhoeffer hatte ihn 1930/31 bei seinem Studienaufenthalt in New York persönlich kennengelernt.[9]

Durch seinen Schwager Hans von Dohanyi, den persönlichen Referenten des Reichsjustizministers Franz Gürtner, waren Dietrich Bonhoeffer und die übrige Familie über den wahren Charakter des NS-Staates, über Greueltaten und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich nach der Machtübernahme informiert. Hans von Dohnanyi weigerte sich, Mitglied der NSDAP zu werden. Im Sommer 1938 konnte Reichsjustizminister Gürtner seinen Vertrauten nicht mehr halten und mußte ihn auf Intervention Martin Bormanns entlassen.

In den Akten der Parteikanzlei der NSDAP findet sich ein vertrauliches Gutachten des NS-Fachschaftsgruppenleiters Friedrich aus dem Reichsjustizministerium. Es zeigt die Gründe, die für Dohnanyis Entlassung letztlich ausschlaggebend waren. Neben der Mutmaßung über eine "vierteljüdische" Abstammung, die jedoch nicht nachweisbar war, wurde Dohnanyi zum Vorwurf gemacht, den Reichsjustizminister im eigenen Sinne zu beeinflussen:

"In allen Fällen, in denen sich Schwierigkeiten bei der Behandlung von Rassen- oder sonstigen weltanschaulichen Fragen ergeben, und in denen Parteistellen des Justizministeriums verschiedener Meinung sind, wird man sagen, daß es ja kein Wunder sei, wenn das Reichsjustizministerium so oder so entscheide, da es ja von einem Judenstämmling beraten werde."

Es waren also Differenzen in Rassepolitik und Weltanschauung, die den Anlaß zur Verdrängung von Dohnanyi gaben. Am Ende des 9-seitigen Gutachtens wird ausdrücklich festgehalten, Dohnanyi habe

"kein Verständnis für die Rassengesetzgebung des Dritten Reiches, der er innerlich ablehnend gegenüber steht. So hat er die Auffassung geäußert, die rassische Haltung des Nationalsozialismus sei unmöglich, weil sie mit der christlichen Auffassung der evangelischen Kirche in Widerspruch steht. ... Äußerlich bekennt er sich zum heutigen Staat. Ich halte es bei seiner charakterlichen Haltung und rassischen Zusammensetzung für ausgeschlossen, daß von ihm jemals ein mannhaftes, rückhaltloses Eintreten für den nationalsozialistischen Staat erwartet werden kann."[10]

Hans von Dohnanyi wurde während des Krieges als Sonderführer in die Zentrale der Abwehr der Wehrmacht, das sogenannte "Amt Canaris", berufen. Dort planten Hans Oster und er mit Wissen und Unterstützung des Admirals den Staatsstreich. Von seinem Schwager wurde Dietrich wegen seiner wichtigen ökumenischen Kontakte als Mitarbeiter im Amt Canaris und als Mithelfer bei den Umsturzplänen gewonnen. "Dietrich und ich haben die Sache ja nicht als Politiker gemacht. Es war einfach der zwangsläufige Weg eines anständigen Menschen!" sagte Hans von Dohnanyi seiner Frau Christine bei einem der letzten Treffen im Gefängnis.[11]

2. Bonhoeffers persönliche Voraussetzungen

"Die Bibel hat mich befreit und insbesondere die Bergpredigt. Seitdem ist alles anders geworden."

Bonhoeffer sah von Anfang an klarer als seine Kirche, wohin das ungeheure Unrecht führen mußte, das im Jahre 1933 im Deutschen Reich anhub. Das hatte nicht nur seinen Grund in den Diskussionen im Familienkreis, die ihn sensibilisierten. Das hing auch mit seinem tiefen Rechtsbewußtsein und seiner großen Mitleidsfähigkeit[12] zusammen, die ihn zeitlebens auszeichneten und die durch seine christlichen Grundeineinstellungen verstärkt wurden. Für ihn gehörten Dasein für andere, Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe, Mitleiden am Schicksal der Schwestern und Brüder, für die Christus gestorben ist, Übernahme von Verantwortung für die, die Hilfe brauchen, in die Mitte des Evangeliums. "Tu deinen Mund auf für die Stummen" (Sprüche 31,8) war das Bibelwort, das er immer wieder sich und seinen Freunden zurief, gerade in bezug auf die Notwendigkeit, sich mit allen nur zur Verfügung stehenden Mitteln zugunsten der verfolgten Juden zu engagieren.

Seit Beginn der dreißiger Jahre hatten sich bei ihm zudem bestimmte theologische Grundüberzeugungen in bezug auf die heilsgeschichtliche Rolle Israels gefestigt: Für ihn war und blieb das Volk Israel das Volk der Verheißungen Gottes und der messianischen Hoffnung. Daß in der NS-Ideologie das deutsche Volk als Träger besonderer Verheißungen und Erlöserqualitäten angesehen wurde, daß Hitler messianisiert wurde, war für ihn ein gottloser Irrtum und wurde von ihm theologisch scharf angegriffen. In seiner letzten Vorlesung als Privatdozent an der Berliner theologischen Fakultät im Sommersemester 1933, einer Christologievorlesung, sagte er, die Geschichte quäle sich mit der unmöglichen Erfüllung "entarteter" messianischer Verheißungen. Nur an einer Stelle breche sich der Gedanke, daß der Messias nicht anschauliche und vorfindliche Mitte der Geschichte sein kann, sondern von Gott gesetzte und verborgene Mitte sein muß, eine Bahn gegen den Strom der Pseudo-Messianismen. Das geschehe in Israel. Mit seiner prophetischen Hoffnung stehe dieses Volk allein unter den Völkern. Israel werde der Ort sein, an dem Gott seine Verheißungen erfüllt.[13] Die Messiashoffnung sei, so betonte Bonhoeffer, Juden und Christen gemeinsam, für die Juden in der Form des kommenden, für die Christen in der Gestalt des wiederkommenden Messias, auch wenn die Christusfrage zwischen ihnen strittig sei. Diese theologischen Gedanken tauchen auch später immer wieder bei ihm auf.

Daß von führenden deutschen lutherischen Theologen das Wesen des Staates - und dabei dachte man seit 1933: der Hitler-Staat - unkritisch als "Schöpfungsordnung" angesehen wurde und damit als etwas Gott-Gegebenes, hielt der lutherische Theologe Bonhoeffer für unbiblisch und unreformatorisch. Der Begriff "Volk" - auch er für viele Theologen damals eine "Schöpfungs-ordnung" - spielte in seiner theologischer Ethik keine Rolle. Seit 1932 lehrte er, daß der Staat nach biblischer Auffassung die Funktion einer "Erhaltungsordnung" nach dem Sündenfall habe. Dahinter stand bei ihm ein liberal-rechtsstaatliches Verständnis des Staates, dessen Aufgabe lediglich darin bestehen darf, für Frieden und Recht zu sorgen. Für eine Tendenz, daß der Staat sich selbst verabsolutiert und zum totalen Staat werden kann, gab es in Bonhoeffers Denken keinerlei Ansatzpunkt. Luthers Zwei-Reiche-Lehre präzisierte er in dem Sinne: Die Verkündigung der Kirche habe ein Wächteramt den Repräsentanten des Staates gegenüber und müsse von ihnen die Realisierung von Frieden, Recht und Gerechtigkeit einfordern, denn dafür sei die "Erhaltungsordnung Staat" da.

Bonhoeffer hatte ein besonderes Verhältnis zur Bibel. Für ihn war, entsprechend den reformatorischen Bekenntnissen und der Wort-Gottes-Theologie Karl Barths, die ganze Heilige Schrift "Wort Gottes". Die Ablehnung des Alten Testamentes aus theologischen ("nur Gesetz - kein Evangelium") oder ideologisch-antisemitischen ("Judenbuch; Dokument einer orientalischen, nichtarischen Religion") Gründen hielt er für eine gefährliche Irrlehre. Im Wintersemester 1932/33 schrieb die Studentin Klara Hunsche in einer Vorlesung des jungen Privatdozenten Bonhoeffers mit, der Judengott sei auch der Gott des Neuen Testamentes, man dürfe nicht dazwischen trennen.[14]

Hinzu kam, daß Bonhoeffer um 1931 erfuhr, daß Gott ihn durch das Wort der Bibel direkt und persönlich anredet. Jahre später schilderte er sein Schlüsselerlebnis in einem Brief so:

"Dann kam etwas anderes, etwas, was mein Leben bis heute verändert und herumgeworfen hat. Ich kam zum erstenmal zur Bibel. Das ist auch wieder sehr schlimm zu sagen. Ich hatte schon oft gepredigt, ich hatte schon viel von der Kirche gesehen, darüber geredet und geschrieben - und ich war noch kein Christ geworden, sondern ganz wild und ungebändigt mein eigener Herr. Ich weiß, ich habe damals aus der Sache Jesu Christi einen Vorteil für mich selbst, für meine wahnsinnige Eitelkeit gemacht. ... Daraus hat mich die Bibel befreit und insbesondere die Bergpredigt. Seitdem ist alles anders geworden. Das habe ich deutlich gespürt und sogar die Menschen um mich herum. Das war eine große Befreiung."

Was hier anmutet wie ein pietistischer Bekehrungsvorgang, sehr persönlich und auf die Heilige Schrift bezogen, bedeutete für Bonhoeffer gleichzeitig auch eine politische Umkehr. Es ging ihm fortan darum, die Sache Jesu Christi im politischen Raum zur Geltung zu bringen.

"Der christliche Pazifismus, den ich noch kurz vorher ... leidenschaftlich bekämpft hatte, ging mir auf einmal als Selbstverständlichkeit auf. Und so ging es weiter, Schritt für Schritt."[15]

Der junge theologische Denker wurde zu einem radikalen Christen, weil ihm durch Jesus von Nazareth das jüdische Verständnis von "Tora" als Gottes gute, gnädige Weisung aufgeschlossen wurde. Die Worte des Begrpredigers, der ein Jude war, wollen getan werden.[16] Im ersten großen Teil seines Buches "Nachfolge" hat er das ausführlich dargelegt.


3. Bonhoeffers Kampf um Wächteramt und Bekenntnis der evangelischen Kirche 1933

"Es muß endlich mit der theologisch begründeten Zurückhaltung gegenüber dem Tun des Staates gebrochen werden - es ist ja alles nur Angst! `Tu deinen Mund auf für die Stummen', Sprüche 31,8 - wer weiß denn das heute noch in der Kirche, daß dies die mindeste Forderung der Bibel in solchen Zeiten ist?" [17]

Gleich zu Beginn des Hitlerreiches setzte die Verfolgung der deutschen Juden ein. Die NSDAP mit ihren Unterorganisationen inszenierte als "Volksbewegung" einen reichsweiten Boykott jüdischer Geschäfte am 1. April 1933. Am 7. April 1933 wurde das "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" beschlossen, aufgrund dessen Tausende von "nichtarischen" Hochschullehrern, Juristen, Verwaltungsbeamten und andere Berufsverbot erhielten. Wie sollte sich die evangelische Kirche dazu verhalten? Weithin war man mit dem Handeln von NSDAP und neuem Staat einverstanden, wenn man auch brutale Ausschreitungen ablehnte.[18] Die evangelische Christen in Deutschland waren weithin antisemitisch eingestellt. Bei ihnen fand die NS-Propaganda großen Widerhall. Die deutschen Theologen waren in ihrer Lehre weithin antijudaistisch geprägt, dazu kam, daß die Theologie im Banne einer neulutherischen Zwei-Reiche-Lehre stand und dem Staat gegenüber ihr Wächteramt nicht wahrnahm, sondern ihn im Gegenteil als gottgegebene, gute Obrigkeit ansah, die keinerlei kritische Distanz verdiente.

Am 14. April 1933 schrieb Dietrich Bonhoeffer an Pfarrer Erwin Sutz in die Schweiz:

"Die Judenfrage macht der Kirche sehr zu schaffen, und hier haben die verständigsten Leute ihren Kopf und ihre Bibel gänzlich verloren. ... Das ich heute nicht mehr über die hiesigen Verhältnisse schreibe, liegt daran, daß, wie Sie wissen, das Briefgeheimnis zur Zeit nicht gilt."[19]

Bonhoeffers Vortrag: "Die Kirche vor der Judenfrage"

Anfang April referierte Bonhoeffer vor Berliner Pfarrern über "Die Kirche vor der Judenfrage".[20] Sein Referat wurde in einer erweiterten Form - abgeschlossen am 15. April - im Juni 1933 im Monatsblatt "Der Vormarsch" veröffentlicht. Bonhoeffers Aussagen sind in diesen Jahren ohne Parallele. Keiner der Theologen, die später Kurs und Kampf der Bekennenden Kirche bestimmten, war fähig oder willens, solche theologischen Gedanken auch nur zu denken, geschweige denn zu äußern.

Zu Beginn nennt Bonhoeffer es eine "beispiellose Tatsache, daß der Jude unabhängig von seiner Religionszugehörigkeit allein um seiner Rassenzugehörigkeit vom Staat unter Sonderrecht gestellt" wird.[21] Die Rassenzugehörigkeit ist für ihn kein Kriterium dafür, das Grundrecht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz für eine Personengruppe aufzuheben. Wer hat sonst gewagt, dieses damals in Deutschland öffentlich zu vertreten?

Weil der Hitlerstaat für Bonhoeffer eine kritisierbare Erhaltungsordnung Gottes darstellt, hat die Kirche die Pflicht, den Staat von Gottes Gebot her auf seine Verantwortung für die Folgen einer ungerechten Gesetzgebung hinzuweisen. Implizit kritisiert Bonhoeffer damit, daß der deutsche Staat sich in der Judenfrage das Gesetz des Handelns von der NSDAP vorschreiben läßt, daß zum Beispiel die Partei einen ungesetzlichen Judenboykott durchführt, ohne daß die staatlichen Behörden einschreiten, daß die Partei auf die staatliche Gesetzgebung und die Justiz Druck ausübt.[22]

Bonhoeffer warnt die Kirche, sich in ihren grundsätzlichen Überlegungen und in ihrem praktischen Verhalten sowohl von den konkreten Juden wie von Israel als Gottesvolk abzuwenden. Die Kirche müsse die Erkenntnis bewahren, "daß kein Staat der Welt mit diesem rätselhaften Volk fertigwerden kann, weil Gott noch nicht mit ihm fertig sei. Jeder neue Versuch, die `Judenfrage' zu lösen, scheitert an der heilsgeschichtlichen Bedeutung dieses Volkes."

In seinem Vortrag erörtert Bonhoeffer drei von seiner Kirche in dieser Situation geforderte Verhaltensweisen:

Erstens müsse sie den Staat auf die Folgen seines Handelns deutlich hinweisen, weil ein Teil der Bevölkerung ein Zuwenig an Recht erfährt. Für Bonhoeffer ist mit der staatlichen Vorgehensweise gegen die Juden für die Kirche der - so wörtlich! - "status confessionis" gegeben. Er erwartet, daß seine Kirche ihr Wächteramt dem NS-Staat gegenüber wahrnimmt und, indem sie sich in politische Zusammenhänge einmischt, ihrem Bekenntnis treu bleibt! Front zu machen gegen Inhumanität hat für Bonhoeffer also nicht nur ethische, sondern fundamental theologische Qualität.

Zweitens sei die Kirche allen Opfern staatlicher Willkür zur Hilfeleistung verpflichtet, nicht nur den eigenen Mitgliedern. Bonhoeffer fordert christliche Solidarität mit den verfolgten Juden allgemein, nicht nur mit den Judenchristen.

Drittens müsse die Kirche durch Widerstandshandlungen "dem Rad in die Speichen fallen" und nicht nur "die Opfer unter dem Rad verbinden". Der Entschluß dazu müsse auf einem "evangelisches Konzil" gefaßt werden. Damals dachte Bonhoeffer noch nicht an gewaltsamen Widerstand, sondern an vollmächtigen Protest - also den Widerstand mit dem Wort durch eine repräsentative christliche Versammlung, eine Synode oder ein Konzil.

"Es muß endlich mit der theologisch begründeten Zurückhaltung gegenüber dem Tun des Staates gebrochen werden - es ist ja alles nur Angst!". In diesem Sinne trat Bonhoeffer dafür ein, daß die evangelische Kirche aufgrund ihrer Verkündigung und ihres Bekenntnisses einen eigenen, politischen Stand gegenüber der staatlichen Judenpolitik einnnehmen sollte. Was hätte es für den Fortgang der deutschen Geschichte bedeutet, wenn er dafür eine Mehrheit gefunden hätte? Stattdessen bewirkten seine Ausführungen, daß einige seiner Kollegen, so der praktische Theologe Leonhardt Fendt, sich darüber empörten und die Arbeitsgemeinschaft verließen. Schon die Aussicht auf einen status confessionis schuf Trennungen, auch unter denen, die sich später zur bekennenden Kirche hielten.[23]

Bonhoeffer und das "Betheler Bekenntnis"


Gleich nach der Machtübernahme Hitlers versuchte die Kirchenpartei der "Deutschen Christen", die einzelnen evangelischen Landeskirchen mit dem Dritten Reich gleichzuschalten. Entsprechend dem staatlichen "Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" wollte sie in der Kirche einen "Arierparagraphen" einführen. Nichtarische Amtsträger und Kirchenbeamten sollten aufgrund dessen aus dem Amt entfernt werden. Im Kampf um die Einführung des "Arierparagraphen" ging es um die Kirchenpolitik im NS-Staat - wieweit sollten staatliche Gesetze oder Vorschriften von der Kirche übernommen werden? - aber vor allem um die Geltung biblischer und reformatorischer Kriterien in der Kirche. Die "Deutschen Christen" vertraten eine der NS-Ideologie weitgehend angepaßte Theologie (die Erwählung Deutschlands als Volk Gottes, die besondere Sendung Hitlers durch Gott, den Glauben an einen "deutschen" heldenhaften Christus, die Herabstufung beziehungsweise Ablehnung des Alten Testaments, die Überzeugung, das Judentum stehe auf ewig unter Gottes Strafe).

Um die "Deutschen Christen" mit theologischen Gründen in die Schranken zu weisen, entstanden in den Jahren 1933 und 1934 vielerorts theologische Erklärungen. 1933 arbeitete eine kleine Theologengruppe aus ganz Deutschland in Bethel an einer Erklärung. Man strebte an, alle Oppositionskräfte in der Deutschen Evangelischen Kirche sollten sich nach einem internen Diskussionsprozeß dieses Grundlagenpapier zu eigen machen. In dem "Betheler Bekenntnis" wurden sowohl christliche Glaubenswahrheiten bekannt, als auch Irrlehren der "Deutschen Christen" konkret benannt und verworfen.

Bonhoeffer war im August 1933 maßgeblich an der Formulierung des Vorentwurfes und der sogenannten "Ersten Fassung" beteiligt.[24] Da er nicht mit den Abschwächungen und Streichungen in einer weiteren Fassung einverstanden war, die durch namhafte deutsche Theologen, zum Beispiel von Adolf Schlatter, vorgenommen wurden, verweigerte er unter Protest seine weitere Mitarbeit. Es waren vor allem zwei für Bonhoeffer entscheidend wichtige Abschnitte, die gestrichen wurden. Der eine hatte eine Kritik an der Judenpolitik im NS-Staat enthalten:
"Von dem modernen Begriff der Rasse reden allerdings weder die Bibel noch die Bekenntnisschriften ... Damit im Zusammenhang steht im Alten Testament die Stellung, die `der Fremdling, der in deinen Toren ist', erhält. Er ist, ob willkommen oder nicht, einfach da. Der Hinweis auf den Schöpfer-Gott, der das ganze Menschengeschlecht gemacht hat, ist Hinweis auf die Menschheit jenseits der Völker. Von ihm gilt: `Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und sollst ihn liebhaben wie dich selbst ... denn ich bin der Herr.' (3 Mose 19,34)"[25]
Bei dem anderen Abschnitt handelt es sich um einen längeren Passus in dem Kapitel "Die Kirche und die Juden". Wilhelm Vischer, der Alttestamentler an der Betheler Kirchlichen Hochschule, hatte ihn formuliert und Bonhoeffer hatte ihn voll bejaht.[26] Darin wird die bleibende heilsgeschicht-liche Bedeutung Israels bekannt:

"... Gott preist seine Treue dadurch überschwenglich, daß er Israel nach dem Fleisch, aus welchem Christus nach dem Fleisch geboren ist, trotz aller Untreue auch nach der Kreuzigung des Christus noch die Treue hält. Er will die Erlösung der Welt, die er mit dem Herausruf Israels angefangen hat, mit den Juden auch vollenden (Römer 9-1 1). Darum bewahrt er von Israel nach dem Fleisch einen heiligen Rest, der weder durch Emanzipation und Assimilation in einer anderen Nation aufgehen, noch durch zionistische oder ähnliche Bestrebungen eine Nation unter anderen werden, noch durch pharaonische Maßnahmen ausgerottet werden kann. Dieser heilige Rest trägt den character indelebilis des auserwählten Volkes. ...

Die Gemeinschaft der zur Kirche Gehörigen wird nicht durch das Blut und also auch nicht durch die Rasse, sondern durch den heiligen Geist und die Taufe bestimmt. Wir verwerfen jeden Versuch, die geschichtliche Sendung irgendeines Volkes mit dem heilsgeschichtlichen Auftrag Israels zu vergleichen oder zu verwechseln. ... Wir verwerfen jeden Versuch, das Wunder der besonderen Treue Gottes gegenüber Israel nach dem Fleisch als einen Beweis für die religiöse Bedeutung des jüdischen oder eines anderen Volkstums zu mißbrauchen. ...

Wir wenden uns gegen das Unternehmen, die deutsche evangelische Kirche durch den Versuch, sie umzuwandeln in eine Reichskirche der Christen arischer Rasse, ihrer Verheißung zu berauben. Denn damit würde ein Rassegesetz vor dem Eingang zur Kirche aufgerichtet ... Wir lehnen die Bildung judenchristlicher Gemeinden ab, denn die falsche Voraussetzung dafür ist, daß das Besondere der Judenchristen auf der gleichen Ebene liegt wie z. B. die geschichtlich bedingte Besonderheit der französischen Refugiantengemeinden in Deutschland oder daß die Christen aus dem Judentum ein ihrer Art gemäßes Christentum entwickeln müßten. Das Besondere des Judenchristen ist nicht in seiner Rasse oder Art oder Geschichte begründet, sondern allein in der besonderen Treue Gottes gegenüber Israel nach dem Fleisch. Dadurch, daß der Judenchrist gerade nicht in irgendeiner gesetzlichen Weise besonders gestellt wird in der Kirche, ist er in ihr ein lebendiges Denkmal der Treue Gottes und ein Zeichen dafür, daß der Zaun zwischen Juden und Heiden niedergelegt ist und der Christusglaube nicht in der Richtung auf eine Nationalreligion oder auf ein artgemäßes Christentum verfälscht werden darf. Die aus der Heidenwelt stammenden Christen müssen eher sich selbst der Verfolgung aussetzen als die durch Wort und Sakrament gestiftete kirchliche Bruderschaft mit dem Juden-christen freiwillig oder gezwungen auch nur in einer einzigen Beziehung preiszugeben."[27]

Die später veröffentlichte Überarbeitung wurde nicht nur kirchenpolitisch vorsichtiger formuliert. Vor allem wurde in dem Kapitel "Die Kirche und die Juden" die bleibende heilsgeschichtliche Bedeutung Israels aufgegeben. Im Sinne der damals vorherrschenden antijudaistischen, die christliche Kirche zum wahren Israel erklärenden Theologie wurde wieder gesagt: "Durch seine Taufe geht der Jude in das eigentliche Israel ein. Indem er Jesus von Nazareth als seinen Messias erkennt ... , scheidet er sich von seinem ungläubigen Volk".[28]

Das konnte und wollte Bonhoeffer nicht mittragen. Man warf ihm wegen seiner Weigerung, an der weiteren Redaktion mitzuwirken, "ungestüme Unbesonnenheit" vor. Aber was wäre geschehen, wenn sich schon zu der Zeit eine Mehrheit von besonnenen deutschen Theologen mit Vischer und Bonhoeffer zur bleibenden Erwählung Israels bekannt hätten?

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Quelle: http://www.phil.uni-sb.de/projekte/imprimatur/1999/imp990403.html
Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung der Webredaktion von imprimatur (29.1.2006)

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© 23.11.99 imprimatur

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[1] Erweiterter Text eines Vortrags am 1. Oktober 1998 im Jüdischen Museum Westfalen in Dorsten
[2] Zur Problematik dieses "Standgerichts" und vor allem zum Skandal und den Konsequenzen seiner rechtlichen Bewertung durch den Bundesgerichtshof 1956 vgl. Joachim Perels: Die schrittweise Rechtfertigung der NS-Justiz. Der Huppenkothen-Prozeß, in: Festschrift für Otwin Massing, Baden-Baden 1994, hierzu: Eckart Spoo: Bonhoeffer noch nicht rehabilitiert - Recherchen eines Politologen über Nachkriegsjustiz, in: FR vom 5. 4. 1995, ferner: Christoph U. Schminck-Gustavus: Der `Prozeß' gegen Dietrich Bonhoeffer und die Freilassung seiner Mörder, Verlag J. H. Dietz Nachfolger, Bonn 1995; Heinz Ponnath: Ein schändliches Urteil - Für den Bundesgerichtshof war Bonhoeffer Hochverräter, in: Evangelische Kommentare, 4/1995, S. 200ff.
[3] Grundlegend für diese Thematik in Leben und Werk Bonhoeffers: Eberhard Bethge: Dietrich Bonhoeffer und die Juden, in: Ernst Feil/Ilse Tödt (Hg.): Konsequenzen - Dietrich Bonhoeffers Kirchenverständnis heute, Internationales Bonhoeffer-Forum, Bd 3, Christian Kaiser Verlag, München 1980, S. 171 - 214 - Ferner Pinchas E. Lapide: Bonhoeffer und das Judentum, in: Ernst Feil (Hg.): Verspieltes Erbe - Dietrich Bonhoeffer und der deutsche Nachkriegsprotestantismus, Internationales Bonhoeffer Forum, Band 2, Christian Kaiser Verlag, München 1979, S. 116 - 130; Christine-Ruth Müller: Dietrich Bonhoeffers Kampf gegen die nationalsozialistische Verfolgung und Vernichtung der Juden, Heidelberger Untersuchungen zu Widerstand, Judenverfolgung und Kirchenkampf im Dritten Reich Band 5, Christian Kaiser Verlag, München 1990, S. 329ff; Asta von Oppen: Der unerhörte Schrei - Dietrich Bonhoeffer und die Judenfrage im Dritten Reich, Schalom-Bücherei Band 5, Lutherisches Verlagshaus, Hannover 1996.
[4] Renate Bethge: Bonhoeffers Familie und ihre Bedeutung für seine Theologie, in: Beiträge zum Widerstand 1933 - 1945, hg von der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin 1987, S. 4.
[5] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 13): London 1933 - 1934, Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1994, S. 34f.
[6] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 14): Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde 1935 - 1937, Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1996, S. 924 - siehe dort auch Anmerkung 10: Einer der Anwesenden, der einen hohen Staatsposten bekleidete, weigerte sich wegen dieser Worte nach der Trauerfeier, Bonhoeffer die Hand zu geben.
[7] Renate Bethge, a. a. O., S. 7.
[8] Eberhard Bethge; Dietrich Bonhoeffer - Eine Biographie, Christian Kaiser Verlag, München 1967, S. 316.
[9] Vgl. dazu Stephen A. Wise: Why isn't Bonhoeffer honored in Yad Vashem? in: "The Christian Century" vom 25. Februar. 1998, S. 202f, ferner über den Streit um Bonhoeffers Anerkennung durch Yad Vashem in IBG-Bonhoeffer Rundbrief Nr. 57 - November 1998, S. 3-11 und IBG-Bonhoeffer Rundbrief Nr. 58 - März 1999, S. 11 - 15.
[10] Nach der Darstellung von Christine-Ruth Müller, a. a. O. , S. 310f, dort auch die Belege für die Zitate.
[11] Winfried Meyer: Unternehmen Sieben - Eine Rettungsaktion für vom Holocaust Bedrohte aus dem Amt Ausland/Abwehr im Oberkommando der Wehrmacht, Frankfurt a. M. 1993, S. 458; zu von Dohnanyi ferner: Christoph Strohm: Theologische Ethik im Kampf gegen den Nationalsozialismus - Der Weg Dietrich Bonhoeffers mit den Juristen Hans von Dohnanyi und Gerhard Leibholz in den Widerstand, Heidelberger Untersuchungen zu Widerstand, Judenverfolgung und Kirchenkampf im Dritten Reich Band 1, Christian Kaiser Verlag, München 1989, S. 231 - 289.
[12] Hierauf macht Asta von Oppen in ihrer Studie "Der unerhörte Schrei ...", S. 95, aufmerksam. Die Thematik "Mitleiden" bei Bonhoeffer" verdient es, besonders untersucht zu werden.
[13] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 12): Berlin 1932 - 1933, Christian Kaiser Verlag/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997, S. 308.
[14] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 12): Berlin 1932 - 1933, Christian Kaiser Verlag/Gü-tersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997, S. 157, Anmerkung 20, Bonhoeffer habe gegen den Gegensatz, den die Gnostiker aufgebaut hätten: "Judengott und Gott des NT", festgestellt: "Wir dürfen nicht spalten. Aber auch nicht die Einzigartigkeit des Christus zerreißen. Gott ist einer."
[15] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 14): Illegale Theologenausbildung: Finkenwalde 1935 - 1937 Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1996, S. 113.
[16] Vgl. hierzu Pinchas E. Lapide "Bonhoeffer und das Judentum", S. 116 - 130.
[17] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 13): London 1933-1935, Christian Kaiser Verlag/Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 1994, S. 204f, Brief vom 11. 9. 1934 aus London an Erwin Sutz.
[18] Vgl. dazu den Briefwechsel zwischen dem rheinischen Sozialpfarrer Wilhelm Menn und Generalsuperintendent Ernst Stoltenhoff in "Wir verwerfen die falsche Lehre - Arbeits- und Lesebuch zur Barmer Theologischen Erklärung und zum Kirchenkampf", hg. von Günther van Norden/Paul Gerhard Schoenborn/Volkmar Wittmütz, Jugenddienst Verlag, Wuppertal 1984, S. 18f. Menn hatte unter anderem geschrieben: "Die persönliche Verfolgung von Menschen, deren `Schuld' entweder in einer politischen Überzeugung oder in der Zugehörigkeit zu einer Rasse besteht und in nichts anderem, diese Verfolgung mit der deutlichen Absicht der Existenzvernichtung, das schlägt der einfachsten sittlichen Einsicht ins Gesicht. Es zeigt sich, daß man nicht jahrelang Massen schreien lassen kann: 'Juda verrecke!' ohne daß man einmal diesem brutalen Vernichtungswillen Raum gibt. Und unser `christli-ches' Volk jubelt. Ich habe noch nie so wie jetzt an meinem Volk innerlich gezweifelt." Stoltenhoff antwortete: "Dafür habe ich einiges Verständnis, daß der angesammelte Groll über das, was das Presse, Börse, Theater und so weiter beherrschende Judentum uns angetan hat, sich auf einmal energisch Luft macht ... Der einzelne vermag gegen die urgewaltige Bewegung unserer Gegenwart so gut wie nichts. ... In meinem Herzen und in meinem Hause haben die Farben Schwarz-Rot-Gold keine Sekunde einen Platz gehabt. Ich habe bis auf diese Stunde immer sehr weit rechts gestanden."
[19] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 12): Berlin 1932 - 1933, Christian Kaiser Verlag/Gü-tersloher Verlagshaus, Gütersloh 1997, S. 58f - Durch die Verordnung "zum Schutz von Volk und Staat" vom 28. 2. 1933 waren wesentliche Grundrechte, darunter auch das Post- und Fernsprechgeheimnis, außer Kraft gesetzt.
[20] Dietrich Bonhoeffer Werke( DBW 12): Berlin 1932 - 1933 Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1997, S. 349 - 358. In: Wolfgang Huber/Ilse Tödt (Hg.): Ethik im Ernstfall - Dietrich Bonhoeffers Stellung zu den Juden und ihre Aktualität, Internationales Bonhoeffer Forum, Band 4, Christian Kaiser Verlag, München 1982, - finden sich zwei gründliche Arbeiten zu diesem Text: Heinz Eduard Tödt: Judendiskriminierung 1933 - der Ernstfall für Bonhoeffers Ethik (S. 139 - 183), und: Ernst Albert Scharffenorth: Die Kirche vor der Bekenntnisfrage - Bonhoeffers Aufruf zur Solidarität mit den Juden
(S. 184 - 234); ferner die Arbeit von Christoph Strohm (siehe Fußnote 7).
[21] DBW 12, S. 350.
[22] Das ist Heinz Eduard Tödts gut begründete These.
[23] Vgl. Eberhard Bethge, Status confessionis - was ist das? Anmerkungen aus dem eigenen Erfahrungsbereich, in: Ders.:, Bekennen und Widerstehen - Aufsätze, Reden, Gespräche, Kaiser Verlag, München 1984, S. 50 -86; Ludwig Kaufmann/Nikolaus Klein, Ökumene der Märtyrer, S. 383 - 393, besonders S. 388ff, in Edward Schillebeeckx (Hg.), Mystik und Widerstand, Theologie im Ringen um Geschichte und Gesellschaft, FS für Johann Baptist Metz, Matthias Grünewald Verlag, Mainz 1988.
[24] Vgl. hierzu: Christine-Ruth Müller, Bekenntnis und Bekennen - Dietrich Bonhoeffer in Bethel (1933) - ein lutherischer Versuch, Studienbücher zur kirchlichen Zeitgeschichte, Band 7, Christian Kaiser Verlag, München 1989.
[25] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 12): Berlin 1932 - 1933 Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1997, S. 376.
[26] Vischer schrieb darüber an Karl Barth: DBW 12, S. 402, Fußnote 74: "Die Leute um Bodelschwingh haben von mir Sätze über die Stellung der Kirche zu den Juden verlangt. ... Sie wollten (auch) ... Sätze über die ungetauften Juden. Ich habe nun zusammengestellt, was, soweit ich höre, die Bibel dazu sagt. Ich wundere mich nicht darüber, das die Leute, die sie wünschten - mit Ausnahme Bonhöffers (sic!) - , meinen Sätzen nicht zustimmen."
[27] Dietrich Bonhoeffer Werke (DBW 12): Berlin 1932 - 1933, Christian Kaiser Verlag, Gütersloh 1997, S. 402 - 406.
[28] Kurt Dietrich Schmidt; Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage des Jahres 1933, Verlag Vandenhoeck und Ruprecht, Göttingen 1934, S. 128.