Gäste wie in Abrahams Schoß

Neue christliche Begegnungsstätte im
palästinensischen Beit Jala eingeweiht

von Michael Krupp

Innerhalb von zwei Monaten ist im palästinensischen autonomen Gebiet eine zweite lutherische Begegnungsstätte eingeweiht worden. Nach dem Dar al Kalima, dem Haus des Wortes, in Bethlehem ist am Donnerstag und Freitag zum Reformationsfest die Abrahamsherberge im benachbarten Beit Jalla der Öffentlichkeit übergeben worden unter großer deutscher kirchlicher Beteiligung. Als Vertreterin des Ratsvorsitzendeden, der durch die gerade stattfindende Synode selbst verhindert war, sprach die Hamburger Bischöfin Jepsen ein Grußwort. Mit ihr angereist waren weitere 20 kirchliche Vertreter aus Hamburg, unter ihnen der reformierte Pastor, Hermann Keller, der die Festpredigt hielt. Alles in allem nahmen ca. zweihundert Gäste aus allen Teilen Deutschlands an dem dreistündigen Festgottesdienst teil und doppelt so viel arabische Gemeindeglieder, Vertreter der palästinensischen Ökumene, Moslems und Repräsentaten der palästinensischen Regierung. Aus Israel war eine Delegation der Organisation "Rabbiner für Menschenrechte" erschienen.

Die Bischöfin aus Hamburg erinnerte in ihrem Grußwort an einen Besuch vor zwei Jahren, als Beit Jalla von israelischen Truppen besetzt und eine solche Feier gar nicht denkbar gewesen war. Beit Jalla gegenüber dem Jerusalemer Stadtteil Gilo war besonders hart von den Schießereien zwischen palästinensischen Freischärlern und israelischer Armee in den vergangenen Jahren betroffen. Ursprünglich ein rein christlicher Ort hat auch Beit Jalla inzwischen eine moslemische Mehrheit.

Alle palästinensischen Redner sprachen von dem Willen der palästinensischen Christen zur Versöhnung und zum Frieden. Der Bischof der Palästinensischen Lutherischen Kirche, wie der Bischof sie bezeichnete, (offizieller Name "Evangelisch Lutherische Kirche in Jordanien"), Munib Jounan, geißelte die Besetzung und vor allem den "Zaun der Apartheid", dem gegenüber er das neue Begegnungszentrum in Beit Jalla als Ort der Verständigung und Liebe pries.

Der Hausherr, Pastor Jadalla Shehade

Der Prediger, Pastor Keller, erinnerte an Abraham, den Vater aller monotheistischen Gläubigen, den Vater des Glaubens, der auch den Initiator des Unternehmens, den lutherischen Pastor von Beit Jalla, Jadalla Shehade, bewogen hat, mitten in Zeiten des Krieges an dem Gedanken der Verständigung festzuhalten und trotz aller Behinderungen die Begegnungsstätte zu vollenden. Er wünschte den zukünftigen Gästen, sich hier wohlzufinden wie der arme Lazarus im Gleichnis Jesu im Schoß Abrahams.

Besonders reichhaltig war das musikalische Programm. Neben den einheimischen Jugendchören gab es eine Reihe von Erstauffühungen von Kompositionen der an der Musikschule tätigen deutschen Dozenten. Zwei deutsche Liedautoren, die sich auch im Evangelischen Gesangbuch finden, waren zur Eröffnung erschienen und trugen eigene Lieder vor, so Manfred Siebald. Kurt Rommel hatte ein eigenes Lied zur Einweihung der Abrahamsherberge verfasst mit dem Refrain: "Abrahams Herberge. sie soll leben / soll Abrahams Kindern Heimat geben /zum Frieden will sie Brücke sein."

Das Projekt der Abrahamsherberge hat zur Verwirklichung sieben Jahre gebraucht, sieben magere Jahre wie Bischöfin Jepsen sie bezeichnete. Sie wünschte ihr nun sieben fette Jahre, Jahre der Begegnung und des Friedens zwischen Juden und Arabern. Die Abrahamsberge ist nicht ganz so stattlich ausgerichtet wie das Bethlehemer "Haus des Wortes" das von der finnischen Regierung mit vier Millionen Euro errichtet wurde. Die Abrahams Herberge ist mit weniger als der Hälfte des Geldes erbaut worden. Zum größten Teil stammt das Geld von deutschen Kirchen. Wie der Bethlehemer Zwilling will
die Abrahamsherberge ein Begegnungszentrum für Palästineser und Israelis sein, für die "Kinder Abrahams", Christen, Juden und Moslems, für Einheimische und ausländische Besuchergruppen. die die Probleme des Landes vor Ort kennen lernen wollen.

In der Anfangszeit wird das Haus allerdings innergemeindlichen und innerpalästinensischen Aufgaben zur Verfügung stehen. Das Haus will sich besonders um die Jugend in der Stadt kümmern, die wenig Freizeitsbeschäftigung oder überhaupt Beschäftigung hat. Im Vordergrund steht die bereits erwähnte ins Leben gerufene Musikschule, an der auch mehrere Musikdozenten aus Deutschland volontieren. Das Programm läuft bereits und die ersten Erfolge waren auch im Festgottesdienst zu spüren.

Ausländische Besucher gibt es zur Zeit wenig und besonders nicht im israelisch-palästinensischen Grenzgebiet, das häufig auch Kampfgebiet ist. Trotzdem sind vereinzelte Jugendgruppen aus Deutschland bereits nach Beit Jalla gekommen dank der guten Beziehungen, die Pfarrer Shehade zu diesem Land hat. Auch bei der Eröffnung war eine Gruppe aus Norddeutschland zugegen. Israelis ist das Betreten der palästinensischen Gebiete von Staats wegen zur Zeit untersagt, weil zu viele israelische Bürger, auch Pazifisten, dabei umgekommen sind. So hofft der Hausvater, Pastor Shehade, auf bessere Zeiten, auf die er in seinem Haus seine Gemeinde vorbereiten will. Pastor Jedalla Schehade, der perfekt Deutsch spricht und wie die meisten seiner Kollegen seine theologische Ausbildung in Deutschland erworben hat, ist ein besonderer Mann im palästinensisch-christlichen Umfeld. Er ist kein Vertreter der sonst üblichen sogenannten palästinensischen Befreiungstheologie, sondern ein Theologe, der sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzt, wie ein arabischer Christ mit der jüdischen Wurzel des Christentums umzugehen hat. Er hat sich an herausragender Stelle bisher am jüdisch-christlich-islamischen Dia- oder Trialog beteiligt.

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