Abgegeben von den Oberhäuptern der religiösen Gemeinschaften im Heiligen Land
Jüdische, muslimische und christliche Oberhäupter haben in der ägyptische Hafenstadt Alexandria eine Übereinstimmung unterzeichnet, welche die Gewalt im Nahen Osten verurteilt: "Gemäß unseres Glaubens und Traditionen ist das Morden Unschuldiger im Namen Gottes eine Entweihung des Namen Gottes und diffamiert alle Religion in der Welt. Die Gewalt im Heiligen Land ist ein Übel, dem sich alle Menschen guten Willens entgegensetzen müssen."
An der Friedenskonferenz hatten prominente Vertreter der drei wichtigsten Religionsgemeinschaften Israels und der palästinensischen Gebiete teilgenommen. Auch der höchste geistliche Würdenträger der Sunniten, Sheikh Mohammed Sayed Tantawi, Grossscheich der Al-Azhar-Universität in Kairo, nahm am Treffen teil, zu der auf Anregung des stellvertretenden israelischen Außenministers, Rabbiner Michael Malkhior, der Erzbischof von Canterbury, George Carey, eingeladen hatte.
Die jüdische Delegation wurde vom sephardischen Oberrabbiner, Raw Bakshi-Doron, angeführt. Weitere Teilnehmer waren der Rabbiner und stellvertretende Aussenminister Israels, Malkhior, Rabbi David Rosen, Rabbi Froman und Rabbi Brodman.
Der palästinensischen Delegation gehörten Sheikh Taisir Tamimi (Vorsitzender des Rechtsausschusses der Sharia in der PA), Sheikh Tal El Sider (Staatsminister der PA und eine der höchsten religiösen Authoritäten der palästinensischen Autonomie. Christlich-palästinensische Gemeinden waren durch vier Bischöfe vertreten, unter ihnen Michel Sabbah.
In einer Zeit, in der es um das Los der Palästinenser täglich schlechter bestellt sei, war es nicht einfach eine solche Konferenz zu organisieren, sagte Ali as-Samman, Vizepräsident des Azhar- Komitees für interreligiösen Dialog
Ursprünglich war ein rein religiöser Friedensaufruf geplant gewesen,
die gute Atmosphäre ermöglichte schließlich aber auch die Aufnahme
politischer Punkte in die Abschlussdeklaration.
Alexandria, den 21. Januar 2002
Im Namen Gottes des Allmächtigen und des Barmherzigen beten wir, die wir uns an diesem Ort als religiöse Oberhäupter der islamischen, christlichen und jüdischen Gemeinschaften versammelt haben, für einen wahren Frieden in Jerusalem. Wir fühlen uns verpflichtet, die Gewalt und das Blutvergießen zu beenden, welche den Menschen das Recht auf Leben und Würde nehmen.
Nach den Traditionen unseres Glaubens bedeutet das Töten Unschuldiger im Namen Gottes eine Entweihung Seines Heiligen Namens und eine Diffamierung der Religion in dieser Welt. Die Gewalt im Heiligen Land ist ein Übel, dem sich alle in gutem Glauben handelnden Menschen widersetzen müssen. Wir streben danach, als Nachbarn zusammenzuleben, welche die Integrität unseres gegenseitigen historischen und religiösen Erbes respektieren. Wir rufen alle auf, sich gegen Hetze, Hass und falsche Darstellung der anderen Seite zu wenden.
1. Das Heilige Land ist unseren drei Glaubensgemeinschaften heilig. Deshalb
müssen die Angehörigen der göttlichen Religionen die Heiligkeit
des Landes respektieren und verhindern, dass dieses durch Blutvergießen
beschmutzt wird. Die Heiligkeit und Integrität der Heiligen Stätten
müssen bewahrt und die Freiheit der Religionsausübung gewährleistet
werden.
2. Palästinenser und Israelis müssen den heiligen Ratschluss des Schöpfers
respektieren, dessen Gnade wegen sie in demselben Land leben, das heilig genannt
wird.
3. Wir rufen die politische Führung beider Völker auf, sich für
eine gerechte, sichere und dauerhafte Lösung im Geiste Gottes und der Propheten
einzusetzen.
4. Als ersten unmittelbaren Schritt rufen wir zu einem religiös gebilligten
Waffenstillstand auf, der von allen Seiten respektiert und beachtet werden soll.
Wir fordern, die Empfehlungen des Mitchell- und Tenet- Plans umzusetzen, einschließlich
der Aufhebung der Beschränkungen und der Wiederaufnahme von Verhandlungen.
5. Wir streben danach, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die jetzigen
und künftigen Generationen in gegenseitigem Respekt und Vertrauen zusammenleben
können. Wir rufen alle dazu auf, von Hass und Dämonisierung abzusehen
und die künftigen Generationen entsprechend zu erziehen.
6. Als religiöse Oberhäupter geloben wir, das gemeinsame Streben nach
einem gerechten Frieden fortzusetzen. Dieser soll zu einer Versöhnung in
Jerusalem und im Heiligen Land führen, zum gemeinsamen Wohl aller unserer
Völker.
7. Wir geben die Errichtung einer ständigen gemeinsamen Kommission bekannt,
welche die Empfehlungen dieser Erklärung verwirklichen und mit unserer
jeweiligen politischen Führung in Beziehung treten soll.
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