Stellungnahme der Jüdischen Kultusgemeinde der
Rheinpfalz vom 25.01. 2013
zur Verlegung von Stolpersteinen in Pirmasens
Verlegung von Stolpersteinen in Dahn
Als Roman Herzog 1996 den Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
am 27, Januar ins Leben gerufen hat, sagte er:
„Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen
zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns
zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust
ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der
Wiederholung entgegenwirken.“ Heute, nach 17 Jahren, ist die Aktualität
seiner Wörter nicht verblasst. Jede Kommune in Deutschland wählt heute
einen Weg, die Erinnerung an die Opfer des NS-Terrors wach zu halten. Man darf
aber nicht aus den Augen verlieren, dass dieser Weg zukunftsträchtig ist
und sein Ziel erfüllen soll, zu erinnern und zu ermahnen. Es gibt aber
nicht den einzig richtigen Weg, alle Meinungen und Möglichkeiten haben
ein Recht auf Leben und Ausführung. In Pirmasens werden gerade zwei Wege
diskutiert. So möchten wir als Jüdische Kultusgemeinde beide Wege
betrachten und analysieren. Ein Denkmal zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus
ist ein gängiger und legitimer Weg, die Gefühle aufzuarbeiten und
für zukünftige Generationen ein Mahnmal zu errichten. Ein Denkmal
ist eine Anlaufstätte für Führungen mit anschließenden
Diskussionen bei Veranstaltungen und Gedenktagen. Doch ist ein Denkmal statisch
und braucht aktives Interesse, um besichtigt und gesehen zu werden. Eine weitere
Möglichkeit der Erinnerung und Ermahnung sind die so genannten Stolpersteine
des Künstlers Gunther Demnig. Auf den in die Bürgersteige eingelassenen
mit Messing bedeckten Steinen findet man Namen der in NS-Zeit vertriebenen,
verfolgten und ermordeten Bürger der Stadt. Dadurch bekommen die meist
anonymen Opfer Namen und Geschichten. Die Steine brauchen keinen Umweg und keine
Erklärung wie ein Denkmal. Sie sind einfach da und erinnern jeden Tag an
das einstige Leben und sein schreckliches Ende. Durch das leichte Bücken,
das notwendig ist, um die Namen zu lesen, zeigt man auch Respekt vor den Opfern.
Es ist eine jüdische Tradition, als Zeichen des Respekts, beim Besuch eines
Grabes oder einer wichtigen Stätte einen Stein zu legen. Die Stolpersteine
können aus jüdischer Sicht auch solche Besuchersteine auf einer Stadt
werden. Die Diskussion über ein würdiges Gedenken in Pirmasens ist
aus unserer Sicht überflüssig.
Es darf nicht ein Weg anstelle eines anderen bevorzugt werden. Wir dürfen
auf keine der Meinungen verzichten. Es geht nicht um „entweder- oder“
sondern um „sowohl- als auch“. Wir, die Jüdische Gemeinde der
Rheinpfalz, würden uns jedenfalls freuen, wenn der Stadtrat von Pirmasens
zu beiden Formen des Gedenkens seine Erlaubnis gäbe. Denn beide Gedenkformen
schließen einander nicht aus, sondern ergänzen sich. Wir freuen uns,
wenn die ehemals blühende jüdische Gemeinde Pirmasens wieder einen
Platz in der Erinnerung der Menschen einnimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Nemirovsky
Jüdische Kultusgemeinde der Rheinpfalz