Judentum im Überblick (6)

Der Schabbat

von David Seldner

 


Lea Fleischmann
Schabbat.
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Der nach Jom Kippur (der auch „Schabbat der Schabbate“ genannt wird) wichtigste Feiertag ist jedoch der allwöchentlich wiederkehrende Schabbat, der siebte Tag der Woche. So wie G’tt am siebenten Tage von seinem Werk ruhte, so soll auch der Mensch ruhen. Dieser Tag ist eine „Insel in der Zeit“, ein Geschenk G’ttes an die Menschen. An diesem Tage bleibt die Zeit stehen, man beläßt alles so, wie es am Freitag vor Einbruch der Dämmerung war. Licht, das am Freitag gebrannt hat, brennt bis zum Samstag abend und Lampen, die aus waren, bleiben aus. Wäsche, die nicht gewaschen ist, bleibt nicht gewaschene Wäsche. Die meisten Menschen (nicht nur Nichtjuden, auch viele Juden) sehen allerdings nur das, was man am Schabbat nicht machen darf, nämlich, um nur einige Beispiele zu nennen: Autofahren, Fernsehschauen (um genau zu sein, darf man fernsehen, wenn der Fernseher vor Beginn des Schabbat bereits an war), telefonieren, rauchen. Gewissermaßen schottet man sich von der Außenwelt ab, um die Hektik des Alltags draußen zu lassen. Man nimmt sich einfach die Zeit für einen selber, für die Familie und für die Freunde. In Städten, in denen viele (religiöse) Juden leben, herrscht eine eigentümliche friedvolle Ruhe. In Deutschland, wo es nicht allzu viele Juden gibt (und noch viel weniger, die den Schabbat einhalten) ist es natürlich schwierig, in eine solche Stimmung zu kommen, wenn außerhalb alles wie sonst auch weiterläuft. Der einzige Tag, an dem man hier annäherungsweise eine solche Atmosphäre fühlen kann, ist der Abend des 24. Dezember.

Und was macht man, wenn man so vieles nicht machen darf? Nun, man läßt es sich gut gehen, es gibt das beste Essen der Woche (im Talmud steht geschrieben, daß am Schabbat sogar der Bettler wie ein König ißt), man nimmt sich Zeit für die Familie, spielt mit den Kindern und lernt mit Gleichgesinnten. Schabbat menucha wesimcha – der Schabbat ist ein Tag der Ruhe und der Freude.

Fast drei Jahre hatte ich gebraucht, um die Einladung eines Straßburger Rabbiners anzunehmen, einen Schabbat bei ihm zu verbringen – zu groß war die Angst vor der Ruhe. Was sollte ich denn den ganzen Tag machen, wenn ich nicht mit dem Auto fahren kann, nicht rauchen kann, nicht telefonieren? Er wußte von mir, daß ich es zwar am Schabbat ruhig angehen lasse, mich aber nicht an die halachischen Vorschriften halte. Allerdings hatte er mir klar gemacht, daß – wenn ich den Schabbat bei ihm verbringen wollte – ich mich bei ihm an die Regeln halten müsse. Das war mir natürlich klar, das ist selbstverständlich, daß ich dann nicht bei ihm den Fernseher einschalten würde.
Als ich ihn also eines Tages wieder einmal besuchte, lud mich seine Frau erneut ein, den Schabbat bei ihnen zu verbringen. Dieses Mal überwand ich meine Bedenken und sagte zu. Im Nachhinein kann ich nur sagen, daß es wirklich eine Insel in der Zeit war, eine Art Kurzurlaub.

Es war ein wunderschöner Tag, den ich mit Spazierengehen verbrachte, mit Beten in der Synagoge (obwohl mir der Rabbiner klar gemacht hatte, daß ich nur dann gehen solle, wenn ich will), mit gutem Essen, mit interessanten Gesprächen mit dem Rabbiner, mit seiner Frau, den Kindern und anderen Menschen, die ich in der Synagoge traf. Man nimmt sich leider zu selten Zeit für solche Dinge, dabei muß man sich die Zeit einfach nur nehmen. Am Schabbat gibt es kein: „Ich habe keine Zeit“, man hat Zeit.

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