Wo die Frau das Sagen hat: Die koschere Küche

von Dr. Stefan Meißner


Bagels - Runde Brötchen mit Loch, sind in New York so beliebt wie in Jerusalem. Auf der Serviette verbürgt: Alles kosher!

Juden zum Essen einzuladen ist gar nicht so einfach, vor allem, wenn man selbst kochen will. Da kann es einem wie uns passieren, dass man mit großem Aufwand versucht, für einen jüdischen Bekannten ein koscheres Menü zusammenzustellen, und stellt am Ende des Abends fest, der Gast ist Reformjude und isst so ziemlich alles, was der liebe Gott an Gaumenfreuden auf dieser Welt bereit hält. "Kann so schlecht nicht sein, wenn Er es gemacht hat..." Auch trinkt der fromme Jude normalerweise nur Wein aus jüdischer Produktion, so schreibt es der Talmud vor. Unser Freund hingegen - durchaus ein frommer Mann - schlägt ein Gläschen Riesling aus Forst nicht aus. "Vorausgesetzt, ich gieße nichts davon vorher als Trankopfer in die Erde", wie er spaßhaft hinzufügt.

Ermutigt durch diese Erfahrungen fragen wir ein jüdisches Ehepaar, ob sie nicht zu einem Snack vorbeikommen wollen. Sie nehmen die Einladung gerne an, doch als es ans Kochen geht, bestehen sie höflich aber nachdrücklich darauf, meiner Frau über die Schulter schauen zu dürfen. Wir erfahren zum erstmals, was man als Nichtjude in dieser Hinsicht alles verkehrt machen kann. Dass man Milch- und Fleischprodukte nicht zusammen kochen oder servieren darf, ist uns klar. Doch dass unsere Gedecke durch dauernden falschen Gebrauch längst verunreinigt sind und dagegen auch kein noch so gründliches Spülen hilft, hatten wir nicht bedacht. Zum Glück finden wir noch ein paar Pappteller, sonst wäre das Essen wohl flach gefallen. Unsere Ahnungslosigkeit ist nicht nur uns, sondern sichtlich auch unseren Gästen peinlich, schließlich wollen sie ja nicht undankbar erscheinen. So sehen sie großzügig über Kleinigkeiten hinweg und lassen sich die Dampfnudeln schmecken.

Das nächste Mal sind wir bei ihnen zu Gast, zu einem traditionellen Sabbatmahl. Als wir die Wohnung betreten, steht das meiste schon vorbereitet auf dem Tisch: Die herrlichen Sabbatbrote, allerlei Salate und Dips, die ich teilweise noch aus Israel kenne. Nur den Auflauf, den die Hausfrau schon vor Sonnenuntergang zubereitet hat, muss noch aus dem Warmhaltegefäß in der Küche geholt werden. Dann kann es los gehen: Hände waschen, der Segen des Hausvaters. Wie feierlich das alles anmutet in einer Stadt, die ansonsten überwiegend von fast-food lebt.

Nach dem Essen - es dauert über eine Stunde - tragen wir gemeinsam das Geschirr in Küche. "Aber Vorsicht, in das richtige Waschbecken stellen! Das andere ist nur für Milchiges." Ach, so. Auch das Waschbecken also... "Ob das nicht alles sehr aufwendig ist", frage ich meinen jüdischen Nachbarn. "Sicher, doch durch die Speise-Gebote ist unser ganzer Alltag vom Glauben durchdrungen. Nicht erst beim Essen, schon beim Zubereiten und Einkaufen. "Da ist was dran", denke ich. Als ich mehr erfahren will über die Kunst des koscheren Kochens, verweist mich mein Gesprächspartner, immerhin angehender Rabbiner, an seine Frau: „Frag sie! In der Küche ist sie der Rabbi."

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