Glossar jüdischer Fachbegriffe

von David Seldner

Aliyah Im allgemeinen Sinne ein Aufruf, im engeren Sinne groß angelegte Aktionen, mit denen ganzen Gruppen die Einwanderung nach Palästina ermöglicht wurde.

Aschkenasim Das hebräische Wort Aschkenas bezeichnet den deutschsprachigen Raum. Die Aschkenasim sind diejenigen Juden, die im frühen Mittelalter in Nordwesteuropa lebten. Durch die verschiedenen Judenverfolgungen wurden sie zunächst nach Osten vertrieben. Viele kehrten später wieder in den Westen zurück. Die meisten amerikanischen Juden sind aschkenasische Juden, da sie aus dem mittel- und osteuropäischen Raum in die USA auswanderten.

Bar Mizwa Im Alter von 13 Jahren erfolgt durch die Bar Mizwa (wörtlich übersetzt „Sohn der Gebote”) für männliche Juden die Aufnahme als vollwertiges Mitglied in die jüdische Religionsgemeinschaft. Ab diesem Zeitpunkt trägt er für sich selbst die Verantwortung, die Gebote zu erfüllen. Für Mädchen gibt es die Bat Mizwah („Tochter der Gebote”).

Brunnenvergiftungslegende Vor allem im 14. Und 15. Jahrhundert aufgetauchter Vorwurf, Juden hätten die Brunnen vergiftet, um Epidemien wie beispielsweise die Pest, auszulösen.

Chanukkah „Lichterfest”, wird am 25. Kislew (meist Anfang bis Ende Dezember) acht Tage lang gefeiert. Chanukkah ist eines der nachbiblischen Feste und geht zurück auf Juda den Makkabäer, der vor etwa 2160 Jahren den entweihten Tempel reinigte und ein Brandopfer darbrachte. Der Legende nach wurde im Tempel ein kleines Fläschchen Öl gefunden, das für etwa einen Tag gereicht hätte, jedoch acht Tage lang brannte. Aus diesem Grunde wird am ersten Tag Chanukkah ein Licht angezündet, am nächsten Tage zwei, bis am letzten Tage alle acht Kerzen des
Chanukkah-Leuchters („Chanukkiah”) brennen.

Eruw Schabbat „Vermischung”, „Verschmelzung”. Am Schabbat ist arbeiten verboten, beispielsweise auch das Tragen von Gegenständen über größere Entfernungen. Durch einen „Eruw Schabbat” wird ein Gebiet abgegrenzt, in dem z.B. Gegenstände getragen werden dürfen.

Friedhof „Beth Olam” (Haus der Ewigkeit), „Beth Chaj” (Haus des Lebens), „Beth Kwarot” (Haus der Gräber). Friedhöfe spielen im Judentum eine wichtige Rolle, die Gräber sind für die Ewigkeit, d.h. die Toten sollen ewig ruhen. Je nach Zeit und Gegend war die Grabreihenfolge unterschiedlich. Im mitteleuropäischen Bereich wurde meist chronologisch, bei Verbandsfriedhöfen auch geordnet nach Gemeinden, begraben. Kohanim (siehe KohenY) wurden zumeist getrennt begraben, wie auch Kinder und Selbstmörder.

Genisah (Plural: Genisot) „Aufbewahrung”, ein Ort zur Aufbewahrung von unbrauchbar gewordenen heiligen Gegenständen wie z.B. Gebetbüchern. Genisot befanden sich zumeist in den Dachkammern von Synagogen.

Hebräische Schrift Ursprünglich bestand die hebräische Schrift nur aus Konsonanten, vor etwa 1200 Jahren wurden Vokale als Punkte und Striche über und unter den Konsonanten eingeführt. Punktuation findet man heutzutage in Gebetbüchern und bei Wörtern, bei denen die Aussprache unklar ist (z.B. bei Eigennamen). Jedoch geben die Konsonanten gewisse Hinweise, was für ein Vokal davor oder danach stehen könnte. Im Jiddischen, das ja mit hebräischen Buchstaben geschrieben wird, wurden oft zwei stumme Laute als Hinweise mit geschrieben, Aleph (a) für ein „A” und Ayin (u) für ein „E”.

Hostienfrevellegende Im 13. Jahrhundert aufgekommener Vorwurf, Juden würden Hostien durchstechen, um aus Haß gegen Christus seinen Leib zu zerstören. Diese Legende wurde des öfteren aufgebracht, um gewinnbringende Wallfahrten stiften zu können.

Izbica Ein vor dem Krieg ursprünglich zumeist jüdisches Dorf (80 % der Einwohner waren jüdisch) in Polen, etwa 60 km südöstlich von Lublin. Nachdem im Dritten Reich die dortige jüdische Bevölkerung ermordet wurde, wurde dort ein großes Durchgangslager für den Weg in die Vernichtungslager von Sobibor und Belzec errichtet.

Jom Kippur, auch Jom Hakippurim „Versöhnungstag” bzw. „Tag der Versöhnungen”. Höchster jüdischer Feiertag, Abschluß der zehn Bußtage. An Jom Kippur wird gefastet und der Tag wird größtenteils in der Synagoge verbrachtet. Jom Kippur ist der letzte Tag (bis zum nächsten Jahr), an dem man Mitmenschen, denen man Unrechtes getan hat, um Verzeihung bitten kann. Nur dann kommt man mit sich selber wieder ins Reine. Genauso wichtig ist es zu verzeihen, wenn man um Verzeihung gebeten wird.

Kaddisch Gebet zur Verherrlichung von G’tt, größtenteils auf aramäisch. Der Wortstamm K-D-SCH bedeutet „heilig”. Kaddisch wird bei verschiedenen Anlässen gebetet. Am bekanntesten ist wohl das Kaddisch der Trauernden. Kaddisch darf nur gesprochen werden, wenn ein MinjanY (zehn jüdische Männer) vorhanden ist.

Kascher (jiddisch: koscher) „kascher” ist hebräisch und bedeutet „rein”, „sauber”, „nützlich” (im rituellen Sinne). „Koscher” kann sich sowohl auf Essen beziehen (dies ist die hier am besten bekannte Bedeutung und bedeutet, daß das Essen den Speisegesetzen genügt) als auch auf andere Dinge.

Kippa (jiddisch: Yarmulka) Kopfbedeckung männlicher Juden. Orthodoxe Juden haben ihr Haupt immer bedeckt, aus Ehrfurcht dem Herrn gegenüber. Nicht ganz so gläubige Juden setzen eine Kippa auf, wenn sie eine Synagoge oder einen anderen heiligen Ort betreten.

Kohen (Plural: Kohanim) Bei den Juden gibt es die drei Stämme Kohen, Levi und Israel. Die Kohanim, die von Aaron abstammen, hatten früher im Tempel besondere Aufgaben als Priester. Seit der Zerstörung des zweiten Tempels gibt es nur noch wenige Unterschiede.

Laubhüttenfest Siehe Sukkot.

Levi (Plural: Leviim) Die Leviim sind eine der drei Stämme (neben den Kohanim, und dem „gewöhnlichen” Volke, Israel). Früher waren sie die Tempeldiener, heute gibt es nur noch wenige Unterschiede.

Matze (hebräisch: Matzah, Plural: Matzot) Das ungesäuerte Brot, das die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten mitnahmen. Es besteht nur aus Wasser und Mehl und muß innerhalb von 18 Minuten gebacken werden (damit es nicht zu säuern anfängt). Zur Erinnerung an den Auszug aus Ägypten ißt man die Pessachwoche lang nichts Gesäuertes. Am ersten Abend, dem sog. Seder, ist es Pflicht, Matze zu essen und vier Gläser Wein zu trinken (ersatzweise Traubensaft).

Mendelssohn, Moses Geb. 6.9.1729 in Dessau, gest. 4.1.1786 Berlin. Philosoph,
Literaturkritiker und Bibelübersetzer, setzte sich für die Emanzipation der Juden ein. Durch seine Bibelübersetzung versuchte er den Juden die deutsche Sprache und Kultur näherzubringen.

Mikwe Rituelles Bad, das benutzt wird, um die seelische und körperliche Reinheit wieder zu erreichen. Die Mikwe wird beispielsweise benutzt nach der Berührung von Toten und nach Beendigung der Menstruation. Das Wasser der Mikwe muß (größtenteils) aus fließendem Gewässer kommen. Deswegen ist eine Mikwe i. allg. in der Nähe von Quellen oder Bächen zu finden.

Minjan Es werden zehn Männer benötigt, um einen G’ttesdienst abzuhalten. Die Grundlage dafür ist im 4. Buch Mose, 14:27, zu finden. Nach rabbinischer Tradition bezieht sich die Zahl auf die Kundschafter, die Moses ausgesandt hatte und von denen zehn ihm einen pessimistischen Bericht ihrer Reise nach Kanaan gebracht hatten. Eine andere Andeutung der Zahl Zehn ist auch im 1. Buch Mose, 18:16-33, zu finden, als Abraham versuchte, zehn fromme Männer zu finden, um die Zerstörung von Sodom und Gomorrha zu verhindern.

Mischna „Wiederholung.” Zusammenfassung der mündlichen Torah. Die mündliche Torah, die die schriftliche erläutert, wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Etwa vor 1800 Jahren wurden die Inhalte schriftlich niedergelegt.
Pessach Das Pessachfest findet jedes Jahr am 14. des jüdischen Monats Nissan statt und dauert eine Woche. Der Gregorianische Kalender und der jüdische Kalender differieren um bis zu etwa drei Wochen (in beide Richtungen). Deswegen liegen zwischen dem jüdischen Pessachfest und dem christlichen Osterfest bis zu etwa drei Wochen. Manchmal fallen sie auch zusammen.

Raschi Geb. 1040 in Troyes, gest. 13.7.1107 Troyes. Eigentlich Rabbi Schlomo ben Jitzchaki, war ein bedeutender Bibel- und Talmudkommentator. Sein Kommentar zur Torah war das erste gedruckte hebräische Buch (1475), in einer Art Kursivversion der hebräischen Schrift; diese Schriftart wurde als „Raschi-Schrift” bekannt und wird seither für Kommentare verwendet.

Ritualmordvorwurf Ab dem 12. Jahrhundert wurde von christlicher Seite behauptet, Juden würden christliche Kinder schlachten, weil sie für die Herstellung von MatzeY Blut benötigten. Immer wieder tauchte dieser Vorwurf auf und löste Pogrome aus. Auch Julius Streicher benutzte den Ritualmordvorwurf während der NS-Zeit für Hetzkampagnen im »Stürmer.«

Rosch Haschanah „Kopf des Jahres.” Das jüdische Neujahrsfest, das am ersten des Monats Tischri (meistens im September) stattfindet. Es markiert zugleich den Beginn der zehn Bußtage, die mit dem Versöhnungstag enden. Rosch Haschanah ist ein Tag des Gedenkens, eines „In-Sich-Gehens.”

Sabre Ein in Israel geborener Jude. Sabre ist eigentlich eine Kaktusfrucht, die in Israel wächst. Außen stachelig, mit einem süßen Saft. Man sagt, eben so wie die in Israel geborenen Israelis, die auf den ersten Blick eben etwas „stachelig” wirken, aber sehr sensibel und warmherzig sind.

Sabbatpflöcke Hier handelte es sich wohl um einen Eruw Schabbat*, dies ist eine Art Tor, das den Bereich absteckt, in dem man sich am Schabbat aufhalten darf, ohne daß es als Arbeit (siehe Schabbat) gilt.

Schabbat Den Schabbat zu heiligen ist das vierte der zehn Gebote: „Gedenke des Schabbat-Tages, ihn zu heiligen. ...da sollst du keinerlei Werk verrichten ...” (2. Buch Mose XX,8). Der Schabbat ist der zweithöchste Feiertag (nach dem Versöhnungsfest, der auch „Schabbat der Schabbate” genannt wird), und das 52-mal im (Gregorianischen) Jahr! „Werk” wird in der TorahY, der MischnaY und dem TalmudY so erklärt, daß nichts Neues angefangen, erschaffen, werden darf. Die Welt soll so belassen werden wie sie ist. Man darf also z.B. nichts Unnötiges tragen, kein Feuer anzünden oder Autofahren. Der Schabbat ist ein Tag der Ruhe und ein Tag der Freude. Beispielsweise gibt es das Gebot, am Schabbat dreimal gut zu essen oder auch Beischlaf zu haben (wenn man verheiratet ist). Bei Lebensgefahr ist man jedoch nicht verpflichtet, die Gebote einzuhalten. Um Leben zu retten, muß man sie sogar übertreten. Schließlich sind die Gebote ja zum Wohle der Menschen da und das menschliche Leben steht an höchster Stelle.

Schawuot (Wochenfest) Erntedankfest am 6. des Monats Siwan, 50 Tage nach Pessach. Gleichzeitig auch der Tag, an dem Moses die Torah am Berge Sinai erhielt.
Sephardim S’farad ist hebräisch für Spanien, als Sefardim werden die Juden aus dem damaligen spanischen Einflußbereich bezeichnet, also auch die marokkanischen und algerischen Juden. Auch viele südamerikanische Juden sind Sephardim. Zwischen aschkenasischen und sephardischen Juden gibt es in einzelnen Sitten und Gebräuchen Unterschiede, z.B. in manchen Gebeten bzw. der Reihenfolge der Gebete. Auch die Aussprache des Hebräischen ist etwas unterschiedlich.

Sukkot Das Laubhüttenfest (hebr. Sukkot, Plural von Sukkah = Hütte) ist eines der drei jüdischen Wanderfeste, neben PessachY (Passah) und SchawuotY (Wochenfest). Wie Pessach und Schawuot besitzt auch Sukkot zwei Bedeutungen. Zum einen ist es eine Art Erntedankfest und zum anderen erinnert es an die 40-jährige Wanderung durch die Wüste nach dem Auszug aus Ägypten vor etwa 3 500 Jahren. Das Fest dauert eine Woche, und man verbringt die meiste Zeit in der mit vielen Früchten und Leckereien geschmückten Laubhütte, zumindest wenn man orthodox ist. Man nimmt dort die Mahlzeiten ein und singt Lieder. Orthodoxe übernachten auch in der Sukkah.
Synagoge Hebräisch Beth Ha-Knesset = „Haus der Versammlung.” Im engeren Sinne wird der Gebetsraum bezeichnet, im allgemeineren Sinne das gesamte Gemeindezentrum.

Talmud „Lernen”, „Lehre”, „Studium”. Der Text des Talmud besteht aus der Mischna und der Gemara (Sammlung von Erläuterungen und Kommentaren zur Mischna). Es gibt zwei Talmudim, den Jerusalemer (Talmud Jeruschalmi, Fertigstellung vor etwa 1600 Jahren) und den babylonischen Talmud (Talmud Bawli, ungefähr 200 Jahre jünger).

Torah „Weisung, Lehre, Anleitung”. Die fünf Bücher Mose (Pentateuch), die Moses am Berge Sinai übergeben wurden.

Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens, auch Judenvermögensabgabe Nach der Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 mußten die Juden für den durch die Nazihorden entstandenen Schaden aufkommen. Dieser „Schadensersatz”, der ja eigentlich für den selber erlittenen Schaden geleistet werden mußte, wurde durch ein entsprechendes Gesetz geregelt und betrug 25 Prozent des Vermögens.

Yad Vashem Die Gedenkstätte für den Holocaust in Jerusalem. Wörtlich übersetzt „Hand und Name”, geht der Name zurück auf Vers Jesaja 56,5: „Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals getilgt wird.”

Yeschiwa Jüdische Schule für fortgeschrittenes Torah- und Talmudstudium.

Yarmulka Siehe Kippa.

Zaddik Hebräisch für „Gerechter”, ein Ehrentitel.

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