Olga, David und Beate Rubin:
Ihr Wert war für die Nazis eine goldene Uhr
von Frank Eschrich
Passbild von Beate Rubin
David Rubin stammte aus Westpreußen und wurde am 17. Januar 1880
in Schlochau (heute: Czluchów, Polen) geboren. Nach seinem Militärdienst
als Frontsoldat im 1. Weltkrieg ließ sich David Rubin 1919 in Gießen
nieder. Als ausgebildeter Kaufmann fand er Anstellung bei der „Mittelständischen
Creditbank“ und stieg auf Grund seiner Fähigkeiten schnell
zum Prokuristen auf.
Er heiratete am 1. Oktober 1921 Olga, geborene Dreifus aus Pirmasens,
die dort am 15. Oktober 1892 geboren wurde. 1922 bekamen die Eheleute
Rubin in Gießen ihr einziges Kind, Beate Rubin. Nachdem die wohlhabende
und angesehene Familie in Gießen bereits sehr früh antisemitischen
Schikanen ausgesetzt war, zogen die Rubins etwa 1935 zur Verwandtschaft
von Olga Rubin nach Pirmasens um. Sie wohnten in der Joßstraße
15 und die damals 13-jährige Beate Rubin musste fortan eine extra
für Juden eingerichtete Behelfsschule besuchen. Schon als junges
Mädchen hat Beate erfahren, was Rassentrennung bedeutet. Für
Juden war nach Ansicht der Nazis eine rudimentäre Schuldbildung ausreichend.
Mit knapp 15 Jahren musste das Mädchen die Schule verlassen. Vielleicht
haben diese Erfahrungen sie in ihrem Glauben bestärkt. Auf ihrer
Abschlussfeier in der Pirmasenser Synagoge sagt sie Verse aus einem Gefallenengedenkbuch
auf. Dies war der letzte gesellschaftliche Auftritt der bürgerlichen
Familie Rubin in Pirmasens.
„Rubin David, Joßstraße 15, eine goldene Uhr mit Kette“
steht in der Arisierungsliste der Pirmasenser Stadtverwaltung vom 10.
November 1938. In der Nacht haben Pirmasenser Nazis und die SA die Synagoge
auf dem Horeb niedergebrannt. Schulkinder werden am Morgen losgeschickt,
um die jüdischen Geschäfte in Pirmasens zu demolieren. Die Nazi-Schergen
stehen daneben und grinsen. So sieht rassistische Bildungspolitik aus.
Die Gestapo hat in der Pogromnacht
und am darauffolgenden Tag alle Pirmasenser Juden verhaftet, denen man
habhaft werden konnte. Schränke werden aufgebrochen, Geld und Wertgegenstände
gestohlen. Die jüdischen Menschen müssen ihre Taschen nach außen
krempeln. Bei manchen lassen sich noch 20 Reichsmark auftreiben, bei anderen
nur Pfennig Beträge. Die Deutschen wären nicht deutsch, wenn
sie darüber nicht akribisch Buch geführt hätten –
nach Abzug der Spesen für den ausführenden Mob, versteht sich.
Die verbliebene Spur der Familie Rubin in Pirmasens ist der Eintrag
in der Arisierungsliste. Der festgestellte Wert der Familie war eine goldene
Uhr.
Am 4. März 1943 wird die 21-järige Beate Rubin in Ausschwitz
ermordet. Zuvor durfte sie ihre Arbeitskraft noch in Berlin als Zwangsarbeiterin
bei Siemens einsetzen. Das Schicksal ihrer Eltern hat sie nicht mehr erfahren.
Am 3. April 1944 muss David Rubin den Tod seiner ausgemergelten Frau Olga
im Ghetto Theresienstadt hilflos mit ansehen. Sie ist den unmenschlichen
Bedingungen nicht mehr gewachsen.
Am 10. Oktober 1944 wird David Rubin in Auschwitz vergast.
Der Autor, Frank Eschrich, ist Mitglied AK Geschichte der Juden in Pirmasens
Quellen: Yad Vashem, Jerusalem, Gedenkbuch Bundesarchiv Koblenz, Stadtarchiv
Pirmasens, Ricarda-Huch-Schule, Gießen, Projekt Stolpersteine
Links zur Geschichte der Juden in Pirmasens
Die
Vernichtung der Familie Kusel aus Pirmasens, von Frank Eschrich
Von
der Niederlassungsfreiheit bis zur Ermordung. Stationen
und Verfolgung der jüdischen Familie Schwarz, von Frank Eschrich
Externer Link:
http://www.wowiwill.de/stolpersteine/stolpersteine/Homepage/Beate%20RubinHTML.htm
Bild:
Stadtarchiv Pirmasens
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