Die Geschichte Israels

von Stefan Meißner

11. Das Davidisch-Salomonische Großreich


König David - Mosaik der Synagoge von Gaza

Literatur
H.J. Boecker: Das Großreich Davids und Salomos, Altes Testament, §5, S.48ff.; S.A. Nitsche: König David;
H. Donner: Geschichte Israels und seiner Nachbarn in Grundzügen, Bd.1. 2. Aufl. Göttingen 1995
Walter Dietrich: Biblische Enzyklopädie, 12 Bde., Bd.3, Die frühe Königszeit in Israel: 10. Jahrhundert v. Chr: Bd. 3

Israel Finkelstein, Neil A. Silberman: Savid und Salomo: Archäologen entschlüsseln einen Mythos, München 2006

 

11.1 David am Hofe Sauls

David stammt aus einfachen Verhältnissen. Als Sohn des Bauern Isai aus Bethlehem hütet er als Kind oft die Schafe seines Vaters. Es ist unklar, wie David an den Hof Sauls kam. Nach 1 Sam 16,14ff. sucht Saul einen Harfenspieler, der mit seinem Saitenspiel den „bösen Geist“ des Königs vertreibt. Dadurch habe er die Gunst des Königs gewonnen und sei dann auch sein Waffenträger geworden. Aufgrund dieser Überlieferung gilt er traditionell als bedeutendster Psalmendichter neben Salomo. Nach einer anderen Tradition (1 Sam 17) hat David erst nach seinem Sieg über den Philister Goliath Bekanntschaft mit König Saul gemacht. Das ist historisch aber eher unwahrscheinlich.

11.2 David als Philistervasall

Als Saul angesichts der Erfolge des jungen David immer eifersüchtiger wird, flieht David in die einsamen Bergregionen Judas. Er wird der Anführer von Männern, „die in Not und Schulden und verbitterten Herzens waren“ (1 Sam 22,2). Mit dieser Truppe von 400 (bzw. später 600) Leuten stellt er sich in den Dienst der Philister. Als Lohn seines Einsatzes erhält er von diesen die Stadt Ziklag (in der Nähe von Lachisch) zum Lehen. In dieser Zeit gelingt es ihm, sich die Gunst der südlichen Stämme Israels zu sichern, indem er sie gegen die Amalektiter, einem Reitervolk im nördlichen Negev, schützt.

11.3 David als König über Juda und Israel

Als er nach dem Tod Sauls nach Hebron übersiedelt, (2 Sam 2,2-3), wird er von den Ältesten Judas zum König erhoben. Nach 2 Sam 2,11 und 5,5 herrschte David sieben Jahre und sechs Monate von Hebron aus, bevor er sein Königtum auch auf die Nordstämme ausweiten konnte.

Mit Eschbaal (=Isch-Boschet) war es einem Sohn Sauls zuvor noch einmal für kurze Zeit gelungen, die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Er regierte, wohl wegen der Philistergefahr, vom ostjordanischen Mahanajim aus und seine Herrschaft dürfte auf wenige Stämme beschränkt gewesen sein. Als Eschbaals Feldherr Abner heimlich zu David überläuft, ist das Schicksal dieses schwachen Regenten endgültig besiegelt.

Seit dem Jahr 1004 regierte David in Personalunion zwei Gebiete, die sich durch ihre Umweltbedingungen völlig voneinander unterschieden und die politisch und kulturell nur wenig mehr gemeinsam hatten als eine Reihe von Sagen aus der Vorzeit Israels und den Glauben an den einen Gott Jahwe. Nach 1 Kön 2,11 dauerte seine Herrschaft über das vereinte Königreich 33 Jahre.

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"Der detektivische Reiz der Lektüre dieses Buches, das Jahrtausende alte Schriftrollen, Tontäfelchen und Pergamente in eine neue, spannende Ordnung bringt, liegt darin, unter der gleichsam 'offiziellen' Schrift, die im bilderreichen Stil der Bibel von Königen und Kriegern, Priestern und Propheten, Frauen und Verschwörern, von Liebe, Mord und Tränen erzählt, das Palimpsest einer politischen Parabel mitzulesen, die darunter liegenden Schriftzüge zu entziffern, die sich zusammenfügen zu einem 'König-X-Bericht' von allgemeiner Gültig- und Zeitlosigkeit, zu einer ironische geschärften bitteren Abrechnung mit dem totalitären Staat."
(F.A.Z., zit. nach Klappentext)

 

11.4 David erobert Jerusalem

Es war ein geschickter Schachzug Davids, dass er nach seiner Krönung zum König Israels die Jebusiterstadt Jerusalem einnahm und zu seiner neuen Residenz erkor. Diese Maßnahme machte aus einer unbedeutenden ländlichen Siedlung eine Metropole, die es an Größe und Bedeutung bald mit den größten der alten Kanaanäerstädte aufnehmen konnte (vgl. Zwickel, 28). Indem David die Bundeslade nach Jerusalem holte, machte er die Stadt auch in kultischer Hinsicht zum Mittelpunkt seines Reiches. Dass er schon Vorbereitungen für den Bau eines Tempels traf, wie Sam 24 behauptet, ist eher unwahrscheinlich.

Nach dem Tod Davids wurde in der sog. „Zionstheologie“ (benannt nach dem Hügel Zion, der bald als pars pro toto für die Stadt stand) die Bedeutung Jerusalems als Stadt Gottes weiter überhöht (W.H. Schmidt, Alttest. Glaube, §13). Dabei fanden auch verschiedene kanaanäische Elemente Einzug in die Jahweverehrung.

11.5 Das Reich und seine Beamten

Die Bibel behauptet, das davidisch-salomonische Großreichs habe sich „von Bach Ägyptens bis zum Euphratfluss“ erstreckt, doch dürften diese Angaben übertrieben sein. Freilich konnte David das Gebiet Israels durch seine zahlreichen Feldzüge deutlich ausweiten (vgl. v.a. 2 Sam 8,1-14+10): Nachdem er die Philister besiegte, machte er die östlichen und südlichen Nachbarvölker Ammon, Edom und Moab fronpflichtig. Im Norden bekämpfte er mit einigem Erfolg die Aramäer, mit den phönizischen Seehäfen Sidon und Tyros schloss er Bündnisse, die bis in die Zeit Salomos bestanden.

Anders als Saul kam David nicht mehr ohne einen Stab von Beamten und Ministern aus. In 2 Sam 8,15-18 werden folgende Namen und Zuständigkeiten aufgelistet:

Name Zuständigkeit
Joab Heer
Joschafat Kanzler
Zadok, Ahimelech Priester
Seraja Schreiber
Benaja Kreter und Philister (=Leibgarde)
Söhne Davids ebenfalls Priester


11.6 Streit um die Nachfolge

Das sog. "Absalomsgrab" im Kidrontal in Jerusalem

Die Streitigkeiten um die Nachfolge auf dem Thron Davids brachen schon zu seinen Lebzeiten aus: Während der Aufruhr seines Sohnes Absalom (2 Sam 15-19) mit dessen persönlichem Ehrgeiz erklärbar ist, ist die Erhebung des Benjaminiten Scheba ben Bichri (2 Sam 20) durch den alten Antagonismus zwischen Nord und Süd motiviert. Sein Aufruf zum Widerstand gegen den König, dem bezeichnenderweise auch nur die Nordstämme folgen, spielt deutlich auf die traditionelle politische Eigenständigkeit des Nordens an: „Wir haben kein Teil an David noch am Erbe am Sohn Isais. Ein jeder gehe in sein Zelt, Israel!“ (2 Sam 20,1b). David schlug die Revolte blutig nieder und tötete den fliehenden Scheba. Offensichtlich konnte der alternde König sein Reich nur noch mit Gewalt zusammen halten. H. Donner urteilt kritisch: „David regierte hinfort nicht mehr als König über Israel, sondern als Tyrann“ (H. Donner: Geschichte Israels und seiner Nachbarn in Grundzügen, Bd.1, S.240).

Die Bildung einer Königsdynastie nach dem Tode Davids ist schon in der sog. Nathansweissagung (2 Sam 7,11-13) angedeutet, wo der Prophet (auf den beabsichtigten Tempelbau Davids anspielend) zum König sagt:

„Der HERR verkündigt dir, dass der HERR dir ein Haus bauen will. Wenn nun deine Zeit um ist und du dich zu deinen Vätern schlafen legst, will ich dir einen Nachkommen erwecken, der von deinem Leibe kommen wird; dem will ich sein Königtum bestätigen. Der soll meinem Namen ein Haus bauen, und ich will seinen Königsthron bestätigen ewiglich."

Aus diesem Text, dessen Endgestalt auf die deuteronomistische Schule zurückgeht, haben sich die messianischen Hoffnungen vieler Generationen auf einen neuen König aus dem Geschlecht Davids gespeist, der Israel kraftvoll und gerecht zugleich regiert. Wir finden diese Hoffnung bei den atl. Propheten (Jes 11,1-11; Mi 5,1-5; Jer 23,5f. u.ö.) genau so wie später in der Qumran-Sekte vom Toten Meer oder dem frühen Christentum.
Mehr zur Messiaserwartung im AT

Tatsächlich trat nach dem Tod Davids einer seiner Söhne sein Erbe an, allerdings nicht der erstgeborene Adonja, sondern der jüngere Salomo. Trifft die Darstellung von 1 Kön 2 zu, dann geht dies auf den letzten Wunsch Davids zurück, der nach seinem Tod in Jerusalem bestattet wurde. Das Grab Davids, das seit dem 12. Jhd. auf dem Zionsberg gezeigt wird, dürfte aber wohl kaum seinen Leichnam enthalten. Ähnlich skeptisch muss man auch im Blick auf das Grab Abschaloms sein, das man am Eingang des Kidrontals sehen kann (siehe Bild oben).

Empfohlene Literatur: Die frühe Königszeit in Israel

Die hebräische Erzählkunst erreicht in den Geschichten von Saul, David und Salomo höchstes Niveau. In der Schilderung lebensvoller Charaktere und dramatischer Ereignisabläufe spiegelt sich ein Epochenumbruch, der bestimmend wurde für ein halbes Jahrtausend israelitischer Geschichte. Literaturgeschichtlich hält man diese Periode weithin für besonders fruchtbar und weist ihr unter anderem die Aufstiegs- und und die Thronfolgegeschichte Davids, sowie das jahwistische Geschichtswerk zu (Auszug aus dem Klappentext).

 

Bildernachweis
König David: Stefan Meißner: Israelmuseum, Jerusalem (C)
Absalomgrab: Stefan Meißner: Jerusalem (C)